Meinungsfreiheit, wenn Migranten, die abweichende Ansichten vertreten, zur Teilnahme an einem „Grundkurs über die Werte der freiheitlich demokratischen Grundordnungen“ gezwungen werden. Zum anderen sehen die Richter Meinungs- und Rundfunkfreiheit verletzt, wenn Rundfunkanstalten dazu verpflichtet werden, in ihren Programmen eine gesetzlich definierte „Leitkultur“ zu vermitteln.
Außerdem rügen die Richter, dass der Freistaat Bayern seine Kompetenzen überschreitet, wenn er in dem Gesetz auch strafrechtliche Bußgelder für verfassungsfeindliche Aktivitäten vorsieht. Dies sei bereits durch den Bundesgesetzgeber abschließend geregelt.
An allen weiteren angegriffenen Bestimmungen des Integrationsgesetzes haben die Richter nichts auszusetzen. Dazu gehören unter anderem die Integrationsziele, die Grundsätze zur Integrationsförderung oder das Betretungsrecht der Polizei in Asylunterkünften. Auch die Vorgabe, Kinder im Sinne der „christlich-abendländischen Kultur“ zu erziehen, verstoße „bei zutreffendem Normverständnis“ nicht gegen die Verfassung. Der Begriff „christlich“, so die Richter, „meint jene Werte und Normen, die zwar maßgeblich vom Christentum geprägt sind, heute aber zum Gemeingut des abendländischen Kulturkreises gehören und daher unabhängig von ihrer religiösen Fundierung Geltung beanspruchen“. Der Begriff „abendländisch“ wiederum verweise „auf die durch den Humanismus und die Aufklärung beeinflussten Grundwerte der westlichen Welt, zu denen nicht zuletzt religiöse Vielfalt und weltanschauliche Toleranz gehören“.
Als Sieger fühlen sich nach dem Richterspruch alle streitenden Parteien. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betont, dass der Grundgedanke des Gesetzes mit der Verfassung vereinbar und das Konzept der Leitkultur bestätigt worden sei. SPD-Fraktionschef Horst Arnold sagt: „Wir sind von der Entscheidung sehr angetan und fühlen uns bestätigt.“ Er fordert eine Neuauflage des Gesetzes. Das tut auch Gülseren Demirel (Grüne). Sie sagt: „Jetzt ist richterlich testiert, dass die CSU unangemessene Eingriffe in die individuellen Persönlichkeitsrechte, die Meinungsfreiheit und die Neutralitätspflicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorgenommen hat.“
Von Uli Bachmeier