Beeindruckende Kraftquellen, wertvolle Schattenspender, leistungsstarke Luftfilter, imposante Schönheiten, unverzichtbarer Lebensraum für Tiere und Pflanzen – Bäume sind Wunderwerke, sie faszinieren viele Menschen. Höchste Zeit also, sich einmal intensiver mit den einzelnen Arten zu beschäftigen, etwas aus ihrer Geschichte, aber auch von ihrer heilenden Wirkung zu erfahren. Dazu laden wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, in unserer neuen Serie ein. Unsere Autorin ist Brigitte Walde-Frankenberger. Dieses Mal dreht sich alles um die Vogelbeere.
Wenn man im Herbst durch die Wälder wandert, leuchtet die Vogelbeere mit ihren korallenroten Früchten aus Busch und Wald. Der anspruchslose und robuste Baum ist in Europa bis Sibirien verbreitet. Er gehört zur Familie der Rosengewächse. Die Vogelbeere wächst auf eher feuchten, lehmigem oder moorigen Böden an Waldrändern, im Gebüsch, in lichten Laub- und Nadelwäldern. Sie wird bis zu 20 Meter hoch und wächst im Gebirge bis zur Baumgrenze von mehr als 2 000 Meter. Sie kann unter guten Bedingungen über 100 Jahre alt werden.
Man nennt ihn Vogelbeerbaum, weil die mehligen Beeren eine Lieblingsspeise der Vögel sind. Der erst seit dem 16. Jahrhundert gebräuchliche Name „Eberesche“ bezieht sich auf die eschenähnlichen Blätter. In der Heilkunde ist der Vogelbeerbaum (Sorbus aucuparia) erst im Mittelalter anzutreffen. Hingegen hat er eine lange mythologische Vergangenheit. Seinen lateinischen Namen „aucuparia“ = „Vogel fangen“ erhielt er wegen des Gebrauchs der Früchte als Vogelköder. Und „sorbus“ = „herb“ verdankt er dem bitteren Geschmack der Beeren.
Die Blätter sind länglich gezahnt und leicht behaart. Die kleinen, weißen Blüten bilden eine feste Doldenrispe. Mit dem Reifen nehmen die Beeren eine orange bis tiefrote Farbe an. Mehr als 60 Vogelarten, darunter seltene Vögel, über 70 Insektenarten, Schmetterlinge und Käfer schätzen die Beeren. Auch Säugetiere wie Rotwild, Fuchs und Dachs nutzen sie als kräftigendes Nahrungsmittel, um den Winter gut zu überstehen.
Noch heute hat die Vogelbeere eine breite Anwendung in der Volksheilkunde, obwohl sie fälschlich immer wieder als giftig bezeichnet wird. In der Heilkunde werden Beeren und Blätter verwendet. Sie enthalten Gerbstoffe, Bitterstoffe und besonders viel Vitamin C. Der Vitamingehalt ist sogar höher als bei der Zitrone. Das wusste schon in frühen Zeiten die Landbevölkerung, die die Beeren als Mittel gegen Skorbut nutzte. Nur wenn man zu viele Vogelbeeren isst, kann das zu Durchfall und Erbrechen führen.
Bis heute wird die Vogelbeere gegen Husten und Heiserkeit, Gicht und Rheuma sowie Nierenprobleme verwendet. Die Inhaltsstoffe wirken reizmildernd, harntreibend, verdauungs- und stoffwechselfördernd. Die getrockneten Beeren zeigen eine sehr gute Wirkung bei Heiserkeit: Es werden fünf bis acht Beeren über den Tag verteilt gegessen oder es wird ein Tee zubereitet, der als Gurgelmittel dient. Sänger und Redner nützen die Vogelbeere, um die Stimmbänder zu pflegen.
Auch können die frischen Beeren auf Wanderungen als allgemein stärkendes Mittel gekaut werden. (Drei bis fünf Beeren werden verteilt über fünf Stunden eingenommen). Sie regen die Herztätigkeit an und löschen den Durst. Als Tee getrunken steigern die Beeren Galle- und Leberfunktion. Auch sind sie hilfreich bei Harnbeschwerden.