In alten Zeiten legte der Wanderer eine kurze Rast unter dem Wacholderstrauch ein, um dann, von seinen Wirkkräften gestärkt, den Weg fortzusetzen. Im Märchen der Gebrüder Grimm vom „Machandelboom“ wird von der Verwandlungskraft und von den Feuerkräften, die im Wacholder verborgen sind, berichtet. So ranken sich viele Märchen, Mythen und Bräuche um diese heilkräftige Pflanze.
Der Wacholder ist ein immergrünes Zypressengewächs. Er wächst in ganz Europa und Asien. Es gibt ihn als Baum oder Strauch in Moorgebieten, auf sonnigen Heidehügeln, im Unterholz lichter Kiefernwälder. Er ist anspruchslos und widerstandsfähig. Der Wacholder gedeiht auf mageren und trockenen Böden vom Flachland bis hinauf auf 1500 Meter Höhe. Im Norden Europas wachsen stattliche Bäume, die ein Alter von 2000 Jahren erreichen können. Da durch die intensive Forstwirtschaft viele seiner Standorte zerstört sind, steht der Wacholder heute in Deutschland unter Naturschutz.
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Im Mai und Juni trägt er gelbe, sonnengleiche Blüten. Die beerenartigen Früchte benötigen zwei Jahre, bis sie die endgültige Reife erlangt haben und sich schwarz färben. Die in der Heilkunde verwendeten Beeren werden im Herbst und Winter gepflückt.
Schon immer hält das Volk den Wacholder in hohen Ehren. Und in der Zeit der Pestepidemie galten Räucherungen mit Wacholderzweigen als ein wirksames Mittel gegen die Ausbreitung der Krankheit. „Eßt Kranewitt und Bibernell, dann stirbts ihr nit so schnell.“ So lautet ein aus dem Mittelalter überlieferter Reim. Tatsächlich verfügt der Wacholder über wirkungsvolle antiseptische Kräfte. Auch sagt man: „Wer täglich zwei Wacholderbeeren ißt, der bleibt vor Krankheit verschont und wird uralt.“
Bereits die alten Ägypter zählten den Wacholder zu ihren wichtigsten Heilpflanzen. Mit seinen Licht- und Wärmekräften wirkt er in die Tiefe. Er steigert die Lebenskräfte, ist energetisierend und hilft bei Depressionen. In der Volksmedizin werden die Beeren als Tee zubereitet oder ganz einfach gekaut. Der Wacholder ist hilfreich bei Galle- und Leberleiden, bei Magenerkrankungen, Verdauungsbeschwerden, bei Nieren- und Blasenleiden, bei Ischias, Gicht und Rheuma.
Wacholderbeerensirup nimmt man gerne bei Husten, schwerer Bronchitis, bei infektiösen Lungenleiden und ganz allgemein zur Abwehrsteigerung. Bei Erkrankungen der oberen Luftwege ist das ätherische Öl der Wacholderbeere zu Inhalationen geeignet. Und Hildegard von Bingen (1098 bis 1179), die große Kräuterkundige des frühen Mittelalters, empfiehlt bei starkem Fieber heiße Bäder mit Abkochungen von „grünen Zweiglein“.