Zum Seitenanfang Schritt hoch Schritt runter Zum Seitenende
#1

Heiße Liebe am Ende der Kälte

in Spiele und Unterhaltung, 21.04.2021 16:18
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

„Der Winter ist vergangen“ beschreibt auch die Leidenschaft

Bei frostigen Temperaturen müssen wir zurzeit noch um den Frühling buhlen – wie der junge Mann um seine Liebste im Frühlingslied „Der Winter ist vergangen“. Er bittet seine Angebetete, doch endlich ans Fenster zu treten, um von ihm „den Mai mit Blumen“ zu empfangen. Der Freier im Lied hat wenigstens schon „des Maien Schein“ gesehen. Bei uns hingegen ist es noch zu kalt, um sich von Herzen am Frühling zu erfreuen und lustig zu sein, wie es im Lied vom jungen Mann beschrieben wird.

Für ihn ist der Winter passé, und er zieht los „durch das grüne Gras“, um „den Mai zu hauen“. Das bedeutet, er schlägt eine Birke und stellt sie als Zeichen seiner Treue seiner Liebsten vors Fenster. Diesen jahrhundertealten Brauch gibt es laut Evi Heigl von der Beratungsstelle für Volksmusik des Bezirks Schwaben auch heute noch. „Verliebte junge Männer stellen in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai ihrer Liebsten bunt geschmückte Birkenbäumchen in den Garten oder vor das Haus“, erzählt sie.


Im Lied geht es entsprechend zur Sache: Die Allerliebste erwidert seinen Gruß, lässt sich von ihm küssen und „sonder Trauern“, also ohne Traurigkeit, in seine nackten Arme nehmen. Erst das Singen des Nachtwächters, der den neuen Tag ankündigt, reißt die beiden auseinander: Der junge Mann muss gehen und verabschiedet sich unter großen Schmerzen. Was wie ein Frühlingslied beginnt, entwickelt sich zu einem Liebes- und Abschiedslied.

Der Volksliedforscher Franz Magnus Böhme (1827 – 1889) hat den Text aus einer niederländischen Handschrift von 1537 ins Deutsche übertragen und mit einer ebenfalls holländischen Melodie aus der Zeit um 1600 unterlegt. Wieder hatte der fleißige Liedsammler und politisch engagierte Hoffmann von Fallersleben seine Finger im Spiel: Er holte den Text nach Deutschland.
Ab 1877 wird das Lied in der Form von Böhme populär und findet 1908 in den „Zupfgeigenhansl“ Eingang, das Liederbuch der Wandervogel- und Jugendbewegung, die mit Ausflügen in die Natur die Industrialisierung in den Großstädten kompensieren möchte. Die Zwangseingliederung dieses Jugendbundes durch die Nationalsozialisten
Die ersten vier (von sechs) Strophen des Liedes

Der Winter ist vergangen,

ich seh des Maien Schein,

ich seh die Blümlein prangen,

des ist mein Herz erfreut.

So fern in jenem Tale,

da ist gar lustig sein,

da singt Frau Nachtigalle

und manch Waldvögelein.

--
Ich geh den Mai zu hauen

hin durch das grüne Gras,

schenk meinem Buhl die Treue,

die mir die Liebste war.

Und ruf, dass sie mag kommen,

wohl an dem Fenster stan,

empfangen den Mai mit Blumen.

Er ist gar wohlgetan.

--
Und als die Allerliebste

sein Reden hatt’ gehört

da stand sie traurigliche

und sprach zu ihm ein Wort

„Ich hab den Mai empfangen

mit großer Würdigkeit!“

Er küßt sie an den Wangen

war das nicht Ehrbarkeit?

--
Er nahm sie sonder Trauern

in seine Arme blank,

der Wächter auf den Mauern

hob an sein Lied und sang:

Ist jemand noch darinnen,

der mag jetzt heimwärts gehen.

Ich seh den Tag aufdringen

wohl durch die Wolken schön.


Liebe Grüße
Peter
zuletzt bearbeitet 21.04.2021 16:23 | nach oben springen



Besucher
0 Mitglieder und 6 Gäste sind Online

Forum Statistiken
Das Forum hat 2902 Themen und 4131 Beiträge.

Heute waren 0 Mitglieder Online: