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#1

Schokoküsse

in Ich sag mal so... 17.10.2020 17:33
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Zugabe

Stadtwappen werden geändert, eine bekannte Reismarke wird künftig anders heißen, das Martinsfest hat es in manchen Kindertagesstätten schwer, und aus der Weihnachtskrippe der evangelischen Münstergemeinde Ulm werden heuer die heiligen drei Könige entfernt, weil die Darstellung des dunkelhäutigen Melchior nicht heutigen Wertmaßstäben entspricht.

Muss das alles sein?

Wie so oft ist die Antwort nicht so einfach. Grundsätzlich ist es richtig, wenn wir über diese Dinge nachdenken und sie diskutieren, denn wir alle wollen (schon in ureigenstem Interesse) in einer offenen und toleranten Gesellschaft leben. Doch manchmal läuft man Gefahr, das Kind mit dem Bade auszuschütten – nämlich immer dann, wenn man die Leute schubst, statt sie an der Hand zu nehmen. Statt den misslungenen Melchior zu verbannen, hätte man auch ein Schild aufstellen können, das dem Betrachter vermittelt: „Schau her, so waren wir, so haben wir früher (im konkreten Fall noch in den 1920er Jahren) Andersartigkeit gesehen und bewertet. Aber so sind wir nicht mehr, weil wir als Gesellschaft dazugelernt haben.“

Als Kind der 1970er Jahre kann ich mich an manchen „Witz“ erinnern, den man damals ungeniert erzählt hat und den heute so niemand mehr über die Lippen bringen würde. Aber nicht, weil er irgendwann verboten worden wäre, sondern weil sich die Gesellschaft sensibilisiert und dazugelernt hat.

Bei allen guten Absichten, die ich den modernen Bilderstürmern unterstelle, wäre es bisweilen besser, Themen anzustoßen und die Leute dann selbst darüber befinden zu lassen, was sie wollen und was nicht. Mit manchen von oben erlassenen Entscheidungen stößt man Menschen, die gerade in diesen Tagen ein verstärktes Bedürfnis nach Kontinuität und Sicherheit haben, vor den Kopf und treibt Leute auf Barrikaden, die dort nicht hingehören.

Die USA geben ein warnendes Beispiel: In missionarischem Eifer hat man dort lange Zeit politische Korrektheit verordnet und dafür eine tiefe gesellschaftliche Spaltung in Kauf genommen. Dem Populismus hat man damit so viel Munition geliefert, dass man ihn nun womöglich nicht mehr los wird – und das ist das Ende einer freien und offenen Gesellschaft.


Liebe Grüße
Peter
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