Vielleicht so? Man wartet auf die Diagnose und bekommt die gute Nachricht. Es ist doch kein Krebs. Oder man hat sich mit der Freundin gestritten und sie kommt dann doch und bittet um Entschuldigung, obwohl man schon befürchtet hat, dass man sich nicht mehr unter die Augen treten kann. Oder bei einem Fußballspiel fällt in der letzten Minute noch das entscheidende Tor zum Sieg.

Erlösung fühlt sich wie Erleichterung an, die Anspannung fällt von einem ab. Man fühlt sich frei - befreit. Interessant ist auch, dass Erlösung auf den verschiedenen Kontinenten unterschiedlich verstanden wird. In Papua-Neuguinea ist Erlösung, wenn man genug zum Leben hat, in Afrika bedeutet Erlösung, wenn die Gemeinschaft gut ist, alle sich verstehen und in Brasilien ist Erlösung, die Befreiung von unseren Sünden. Und in Europa?

Erlösung hat viele Gesichter. Erlösung wäre es, wenn wir uns endlich wieder unbelastet begegnen könnten, ohne Maske und ohne zu überlegen, ob man jemand anstecken könnte. Aber Erlösung ist es doch auch, wenn wir einander vergeben können, ja ich mir selbst verzeihen kann oder anders gesagt, ich weiß, dass ich liebenswert bin.

Aber was hat das alles mit Jesus am Kreuz zu tun? Dort am Kreuz sehe ich nur Unerlöstheit. Unerlöstheit vom Machthunger der Menschen, von der Gewalt, von der Ungerechtigkeit, von menschlichem Versagen. Aber vielleicht liegt gerade darin zugleich die Erlösung, dass Gott nicht nur dort ist, wo es uns gut geht, wo Vergebung gelingt und Gerechtigkeit siegt. Gott ist dort, wo wir als Menschheit unerlöst bleiben müssten. Wir wollen gern heilig sein, das Böse vor der Tür lassen, aber seien wir ehrlich, es gelingt uns nicht. Die Hoffnungsbotschaft des Glaubens ist, dass es Gott ist, der uns vom Bösen erlöst. So wie wir es täglich im Vaterunser beten: und erlöse uns vom Bösen!