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Der Wahlkampf in Österreich wird zur Schlammschlacht

in Ausland und EU 01.08.2019 17:23
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Wien In diesem Sommer befindet sich Österreich im politischen Ausnahmezustand. Es tobt ein Wahlkampf, der gelegentlich an eine Schlammschlacht grenzt. Doch die amtierende Regierung ist an diesem Wahlkampf nicht beteiligt. Denn sie besteht aus Richtern und Beamten, nicht aus Politikern. Alexander Winterstein, der Sprecher von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, möchte deshalb nicht kommentieren, dass sich Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Altkanzler Christian Kern (SPÖ) in diesen Tagen wegen der Schredder-Affäre Lügen vorwerfen. Immerhin kündigt der Sprecher an, dass die Expertenregierung die Datenvernichtung per Schredder intern überprüfen wird. Ungefähr 300 Fragen des Parlaments dazu werde sie noch vor der Wahl am 29. September beantworten. Laut Bundesarchivgesetz sei es in Österreich vorgesehen und üblich, sensible Daten zu löschen. Eine Gesetzesverschärfung werde geprüft.

Auch Deutschland hatte schon seine Datenaffäre. Beim Übergang der Regierung von Helmut Kohl zu Gerhard Schröder 1998 hatte ein unbekannter Administrator wohl im Auftrag der CDU-Mannschaft im Kanzleramt zwei Drittel der Daten des Kanzleramtes gelöscht. Das Verfahren wurde 2003 eingestellt.

Darauf dürfte auch Kurz hoffen. Er gab inzwischen zu, dass die Vernichtung von fünf Drucker-Festplatten aus dem Kanzleramt durch den Online-Beauftragten vor dem Misstrauensvotum ein Fehler war. Dies „kann man ihm und uns zu Recht vorwerfen“, sagte Kurz im ORF . Geschehen sei dies aus der Sorge, dass bei manchen Beamten „die Partei-Loyalität höher ist als die Lust, der Republik zu dienen“, so Kurz. Ein Vorwurf, den die Beamten zurückgewiesen haben und der auch von Kanzlerin Bierlein nicht geteilt wird. Es stellt sich jedoch die Frage, wie die Kronenzeitung an die Kopie einer Rechnung aus der Endphase der Amtszeit von SPÖ-Kanzler Kern gelangte. Sie belegt das Schreddern von sieben Festplatten aus dem Kanzleramt vor dem Regierungswechsel Dezember 2017.

Die ÖVP steht in Umfragen mit mehr als 35 Prozent gut da. Die Distanzierung von den FPÖ-Hardlinern Herbert Kickl und Heinz- Christian Strache zahlt sich aus. Doch die Mobilisierung der Anhänger lässt noch zu wünschen übrig. Um das zu ändern, verweisen die Konservativen auch auf eine „Schmutzkübelkampagne“, die in den vergangenen Wochen gegen die Partei geführt wurde: „Die letzten Tage haben das Ausmaß an Grauslichkeit deutlich gemacht, das dieser Wahlkampf mit sich bringen wird“, schreibt Kurz auf Facebook. „Von links und rechts hagelt es fast täglich neue Übergriffe, Diffamierungen und Dreck aus der allertiefsten Schublade.“

Die angesprochenen Übergriffe spielen sich vor allem im Internet ab. Ihre Urheber sind weniger die Kampagnenteams der übrigen Parteien, sondern Blogger, die Gerüchte streuen. Dabei geht es um angebliche Fotos, die den Ex-Kanzler beim Sex oder beim Konsum von Kokain zeigen. Gerüchte dieser Art gibt es schon lange, ohne dass sie jemals belegt wurden.

Der Politologe Peter Filzmaier glaubt, dass die Wahlstrategen der ÖVP aus diesen diffusen Anschuldigungen im Internet Kapital schlagen wollen: Kurz werde so als „zu Unrecht Angegriffener“ inszeniert: Das habe im Jahr 2017 schon einmal funktioniert, sagte Filzmaier.

Für Spannung sorgt die Frage, welche Koalitionen nach der Wahl infrage kommen. Kurz mochte am Dienstag im ORF eine erneute Koalition mit der rechten FPÖ zwar nicht ausschließen, nannte dann aber Bedingungen, die ein erneutes Bündnis wenig realistisch erscheinen lassen: Kurz schloss aus, dass es in einer von ihm geführten Regierung einen Innenminister mit FPÖ-Parteibuch geben werde. Damit nicht genug: Ebenso kategorisch erklärte er, dass der ehemalige FPÖ-Innenminister Herbert Kickl in das Kabinett einziehen werde. „Sollte ich wieder eine Regierung anführen, hätte er keinen Platz“, sagte Kurz dem Sender.

Die Reaktion aus dem Lager der Freiheitlichen kam prompt: FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky sprach angesichts dieser Äußerung des ÖVP-Chefs von „Panik“ bei den Konservativen.


Liebe Grüße
Peter
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