Der Unmut über die Post hat zuletzt deutlich zugenommen. Bei der Bundesnetzagentur stieg die Zahl der Beschwerden über das Unternehmen im vergangenen Jahr um rund 50 Prozent an – nachdem sie sich 2018 bereits verdoppelt hatte. Postkunden beschweren sich darüber, dass ihre Pakete nicht richtig zugestellt und die Empfänger nur unzureichend über den Verbleib ihrer Sendungen informiert würden. Beklagt wird auch, dass wichtige Briefe einfach nicht ankommen. Eine breit angelegte Digitalisierungsinitiative der Deutsche Post DHL Group, die insgesamt zwei Milliarden Euro kosten wird, soll diesen Negativtrend nun umkehren.
Die Sendungen sollen besser nachverfolgbar sein, die Kunden sollen genauer erfahren, wann sie exakt eintreffen werden. Noch in diesem Jahr will DHL das Live-Tracking von Paketen ermöglichen, kündigte Tobias Meyer, Konzernvorstand Post & Paket Deutschland, am Dienstag in Berlin an. Dabei werden die Kunden am Morgen des Zustelltages darüber informiert, wann das Paket in einem Zeitfenster von 60 bis 90 Minuten ankommt. Eine Viertelstunde vor dem Erhalt der Sendung erhalte der Kunde eine weitere Ankündigung. Dabei habe der Empfänger bis zur Zustellung noch die Möglichkeit, das Paket am Wunschort ablegen oder an einen Nachbarn zustellen zu lassen. Vom Live-Tracking, das Wettbewerber wie DPD und GLS bereits anbieten, sollen nicht nur die Kunden profitieren: Experten gehen davon, dass rund die Hälfte des finanziellen Aufwandes in der Logistik-Kette auf der „letzten Meile“ entsteht.
Post-Kunden, die selten zu Hause anzutreffen sind, weichen oft auch auf Packstationen aus, in denen die Sendungen zwischengelagert werden. DHL will das bestehende Netz bis 2021 auf 7000 solcher Automaten ausbauen. Zudem führt DHL eine neue Variante ein, die mit einer Videochat-Funktion ausgestattet ist, um die Kunden beraten zu können. Die neue Packstation-Variante soll gerade auf dem Land das Angebot einer kleinen Postfiliale bieten.
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Die Digitalisierung soll aber nicht nur die Paketzustellung optimieren, sondern auch den Brief-Sektor der Post umwälzen. So will die Post im kommenden Jahr eine Sendungsverfolgung im Internet für gewöhnliche Briefe ermöglichen. Dazu sollen Briefmarken eingeführt werden, die mit einer Seriennummer in Form einer viereckigen Klötzchengrafik („Matrixcode“) versehen sind. Das Tracking der Briefe mit Matrixcode erfasst allerdings nur die Abgangs- und Eingangssortierung. Wer genau wissen will, wann ein Brief beim Empfänger angekommen ist, muss ein Einschreiben oder eine Expresssendung wählen.
Die Post schützt sich mit der neuartigen Briefmarke auch gegen Fälschungen und unerlaubte Wiederverwendungen von Postwertzeichen. Wer keine Briefmarke zur Hand hat, soll künftig auch ohne Aufpreis die Sendung mit dem Handy frankieren können. Dabei generiert eine App einen mehrstelligen alphanumerischen Code, der dann rechts oben auf den Brief oder die Postkarte geschrieben wird. Dieser Code wird von Kameras in den Sortieranlagen der Post erfasst und dann ausgewertet.
Um die Digitalisierung der Briefsparte voranzutreiben, kooperiert die Post auch mit dem Internet-Konzern 1&1. Wer ein E-Mail-Konto bei GMX oder Web.de hat, kann sich ab Sommer auf Wunsch vorab informieren lassen, dass in Kürze ein Brief eintreffen wird. Dazu fotografiert die Post den Umschlag und leitet das Bild vorab an die Kunden weiter. Man sei bereit, mit anderen E-Mail-Anbietern zu kooperieren, sagte Post-Manager Meyer. Dabei müsse aber sichergestellt sein, dass die notwendigen Datenschutzstandards eingehalten werden. Später will die Post auch die Inhalte von ausgewählten Sendungen erfassen können und als digitale Kopie bereitstellen.