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Tipps für den ungarischen Alltag: Teil 2: Krankenversicherung & Co.

in Infos an Mitglieder 15.10.2016 16:36
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

TAJ oder EKVK oder E 121: Welche Gesundheitskarte für welchen Fall?
Wer hat das nicht schon einmal erlebt? Man sitzt im Wartesaal einer Arztpraxis, versucht die Schrift auf den Plakaten zu entziffern, die einen wohl vor der neuen Grippewelle warnen und hofft inständig, dass der Arzt zumindest ein wenig Englisch versteht. Die Symptome hat man sich vorsichtshalber schon im Voraus übersetzen lassen – sicher ist sicher. Aber was, wenn die nötige Behandlung nicht von der Krankenkasse abgedeckt wird? Was steht einem als EU-Bürger im Ausland überhaupt zu? Welche Krankenkassenkarte wird akzeptiert?


Um im Krankheitsfall die Ruhe bewahren zu können und in Ungarn die bestmögliche Versorgung zu bekommen, zeigen wir Ihnen hier auf, welche Leistungen Ihnen mit welcher Karte zustehen.

Bei einem vorübergehenden Aufenthalt in Ungarn, das heißt ein Zeitraum von weniger als drei Monaten, können Personen, die ihren Wohnsitz in Deutschland, Österreich, Liechtenstein oder der Schweiz haben und dort versichert sind, die Leistungen in Anspruch nehmen, die sich aus Sicht des behandelnden Arztes als notwendig erweisen.

In jedem Fall müssen Sie Ihre Europäische Krankenversicherungskarte (EKVK), welche von Ihrer Krankenkasse im Herkunftsland ausgestellt wird, in der ungarischen Arztpraxis vorzeigen. Sollte Ihnen diese nicht zur Verfügung stehen, da sie zum Beispiel abgelaufen ist, benötigen Sie eine „Provisorische Ersatzbescheinigung“, die ebenfalls von der Krankenkasse ausgestellt wird.

In Ungarn verwaltet die Nationale Krankenversicherungskasse (ung.: Országos Egészségbiztosítási Pénztár, kurz: OEP) das Register über diejenigen Ärzte, die mit der Gesundheitsversicherung unter Vertrag stehen. Ärztliche Leistungen können Sie mit Ihrer EKVK auch nur bei solchen Ärzten in Anspruch nehmen, die mit dem Schild „a társadalombiztosítás egészségügyi szolgáltatásaira szerződött szolgáltató“ als Vertragspartner gekennzeichnet sind. Dabei handelt es sich zumeist um Hausärzte (ung.: háziorvos), die bei Bedarf einen Überweisungsschein zu einem Spezialisten ausstellen können.

Auch bei Zahnärzten (ung.: fogorvos) verhält es sich ähnlich: die zahnärztliche Grundversorgung wird von Vertragszahnärzten bei Vorlage der EKVK durchgeführt. Allerdings muss der Patient unter Umständen die Kosten der benutzten Materialien selbst tragen. Wer also sich also eine Zahnfüllung aus hochwertigen Materialien wünscht, der sollte im Vorfeld lieber noch einen Geldautomaten aufsuchen. Aber das sind wir aus deutschsprachigen Ländern ja auch schon gewohnt.




Wenn Sie sich dauerhaft in Ungarn aufhalten und einer Erwerbstätigkeit nachgehen, werden Sie automatisch Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung und erhalten eine Krankenversicherungskarte mit einer Sozialversicherungsnummer (TAJ). Die TAJ (Társadalombiztosítási Azonosító Jelet tartalmaszó igazolvány) enthält eine persönliche neunstellige Nummer, die nicht nur mit der Krankenversicherung verknüpft ist, sondern mithilfe derer auch die Sozial- und Rentenversicherung geregelt wird. Sie berechtigt Sie dazu, alle Leistungen bei Hausärzten, Fachärzten, Zahnärzten und in Krankenhäusern in Anspruch zu nehmen, die vom ungarischen Gesundheitssystem vorgesehen sind. Alle notwendigen medizinischen Behandlungen, die der Gesundheitszustand erfordert, sind in der Regel kostenlos. Sollten Sie aber eine Behandlung wählen, die nicht von einem Arzt verschrieben wurde, einen nicht registrierten Arzt aufsuchen oder privatärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, müssen Sie die Kosten selbst tragen.

Die TAJ-Karte muss bei der zuständigen Gesundheitsbehörde, welche den Regierungsbüros der jeweiligen Komitate unterstellt sind, beantragt werden.

Für Ihren Antrag benötigen Sie folgende Dokumente:

Pass, Personalausweis oder Führerschein mit Lichtbild
Nachweis über Registrierung der Wohnadresse: Adresskarte (lakcímkártya) oder beglaubigter Mietvertrag
Nachweis über die Erwerbstätigkeit (Arbeitsvertrag) ,Nachweis über Einkünfte aus Selbstständigkeit oder Rentenausweis

Die Kosten für die Krankenversicherung werden bei Erwerbstätigkeit von Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils zur Hälfte getragen und vom Bruttolohn abgezogen. Nicht-Erwerbstätige zahlen einen Pauschalbetrag in Höhe von 7.050 Forint pro Monat für ihre Krankenversicherung. Bei Selbstständigen hängen die Beitragszahlungen von dem Grad der Selbstständigkeit ab – informieren Sie sich am besten gleich zu Beginn Ihrer Selbstständigkeit darüber.

Minderjährigen, Schülern, Studenten in Vollzeitstudium, Rentnern, Geringverdienern im Rentenalter, Empfängern von Mutterschaftsgeld und Sozialschutzleistungen sowie Pflegeheimbewohnern steht in Ungarn eine kostenlose medizinische Gesundheitsversorgung zu.
Europäische Krankenversicherungkarte für Reisen außerhalb Ungarns



Sollten Sie nun im Besitz einer TAJ-Karte sein und eine Reise ins Ausland planen, seien Sie gewarnt. Es kann Ihnen schnell passieren, dass Sie bei Vorlage der TAJ-Karte in ausländischen Arztpraxen in ratlose Gesichter blicken. Nicht nur, dass die Karte die für eine Krankenversicherungskarte typischen Merkmale, wie etwa Angaben zur Person, vermissen lässt – sie wird außerhalb Ungarns kaum als Nachweis einer Krankenversicherung anerkannt werden. Wenn Sie also in Ungarn wohnen und gleichzeitig im Ausland abgesichert sein wollen, sollten Sie zusätzlich zur TAJ-Karte eine Europäische Krankenversicherungskarte beantragen. Diese berechtigt während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem der 28 EU-Länder sowie der Schweiz, Liechtenstein, Island, Norwegen und, durch ein bilaterales Sonderabkommen auch in Serbien, zur Behandlung im Krankheitsfall.

Die EKVK wird in Ungarn kostenlos ausgestellt und hat eine Gültigkeit von 36 Monaten. Sie wird bei derselben Adresse beantragt wie die TAJ-Karte (Adresse siehe weiter oben).
Die einzureichenden Dokumente sind hierfür:

* Pass oder Personalausweis
* Kopie der TAJ-Karte
* Nachweise über Einkommen: entweder anhand eines Arbeitsvertrags oder Einkommens- bzw. Rentennachweis

Der Herbst und damit verbunden, die erste Grippewelle, stehen in Ungarn schon vor der Tür. Bleiben Sie gesund! Und falls es Sie doch erwischen sollte, dann hoffen wir, Ihnen mit den hier genannten Informationen den Gang zum Arzt etwas leichter gemacht zu haben.


E 121 Die Europäische Lösung der KV
Wer als Rentner oder Arbeitnehmer aus einem Land der EU in einer GKV Mitglied ist hat eine weitere Möglichkeit der Absicherung:

E-Formular 121
Eintragung der Rentenberechtigten

Rentner und ihre Familienangehörigen haben Anspruch auf Sachleistungen ihrer ursprünglichen Krankenkasse, auch wenn sie in einem EU-Land wohnen, in dem kein Rentenanspruch besteht. Die Sachleistungen, die sie in ihrem Wohnort in Anspruch nehmen, gehen zu Rechnung der Krankenkasse im anderen Land.

Herr Mustermann kann also in Amsterdam, wo er seinen Ruhestand verbringt, zum Arzt gehen, obwohl er über eine deutsche Krankenkasse versichert ist. Auch seine Familienangehörigen, die in Europa verstreut leben, haben Anspruch auf die Sachleistungen in ihren Wohnorten. Voraussetzung ist jedoch, dass sie über Herrn Mustermann bei derselben Krankenversicherung versichert sind und sie sich in ihrem Wohnort eintragen lassen.

Die Eintragung im Wohnort erfolgt mit der Bescheinigung E 121. Dieses Formular muss auf Antrag des Rentners von der Rentenkasse und der zuständigen Krankenkasse ausgefüllt werden. Der Rentner erhält das Formular in zweifacher Ausführung zurück und muss es dem Wohnortträger vorlegen.

Wer der jeweilige Wohnortträger ist, kann dem Formular unter dem Punkt „Hinweise für Rentner und Familienangehörige" entnommen werden.

Mit dem Formular lassen sich die Betreffenden nun bei ihrem Wohnort eintragen. Der Wohnortträger bestätigt dem zuständigen Krankenversicherer die Eintragung oder teilt ihm mit, warum eine Eintragung nicht erfolgt ist. Nun können die in Anspruch genommenen Leistungen vom Träger des Wohnortes auf Rechnung des zuständigen Trägers gewährt werden.
Quelle:Euro-Informationen, Berlin

Muster von E 121 im Anhang


Dateianlage:
Sie haben nicht die nötigen Rechte, um die angehängten Dateien zu sehen

Liebe Grüße
Peter
zuletzt bearbeitet 15.10.2016 16:37 | nach oben springen



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