Ein regierungsfreundlicher Analyst hält die Chancen sämtlicher Oppositionskräfte bei den Wahlen zum Europaparlament für eher schlecht. Eine liberale Wochenzeitung hofft dagegen, dass die Opposition bei den Bürgermeisterwahlen im kommenden Herbst sowie bei den Parlamentswahlen in drei Jahren geschlossen auftreten wird.
Tamás Pindroch von der regierungsnahen Wochenzeitschrift Figyelő zieht bestimme liberale Beobachter durch den Kakao. (Diese Stimmen werfen den Oppositionsparteien vor, dass sie sich nicht auf eine gemeinsame Liste für die Wahlen zum Europäischen Parlament hätten verständigen können. Dadurch riskierten sie den Verlust mehrerer Mandate – Anm. d. Red.) Pindroch verweist auf die Tatsache, dass die Beteiligung an den Wahlen zum Europäischen Parlament in der Regel außergewöhnlich niedrig sei, sodass kleine Parteien die Fünfprozenthürde leichter überwinden könnten als bei heftiger umkämpften nationalen Wahlen. Dennoch glaubt der Autor, dass die LMP diesmal kaum ins Europaparlament einziehen werde. Und selbst falls es ihr gelänge, könnte sie aufgrund ihres bereits jetzt vereinbarten Zusammengehens mit Jobbik bei den Budapester Bürgermeisterwahlen im Herbst aus der grünen Fraktionen ausgeschlossen werden.
Benedek Jávor, der Europaabgeordnete von Párbeszéd (Dialog), gehöre bereits der grünen Fraktion an und sei nicht vom Ausschluss bedroht. Und das, obwohl er zwecks Sieg über die amtierende Regierung in Budapest offen eine Einheitsfront sämtlicher Oppositionsparteien befürworte – darunter selbstverständlich auch Jobbik. Jávors Problem bestehe einzig darin, dass er nur auf Platz vier der gemeinsamen Liste von MSZP und Párbeszéd auftauche, dieses Bündnis jedoch lediglich zwei Sitze im EP gewinnen dürfte. Folglich würde ihm das nichts einbringen, selbst wenn Spitzenkandidat und MSZP-Chef Bertalan Tóth sein Versprechen einhalten und sein Mandat nicht ausfüllen sollte. Pindroch fragt sich, wie weit Jobbik es wohl bringen werde, nachdem die rechtsorientierte Partei in Sachen Europäische Union eine komplette Kehrtwende vollzogen habe. Noch vor den letzten Europawahlen sei Jobbik für ein Referendum über den Austritt Ungarns aus der EU eingetreten. Nunmehr werfe sie der Regierung vor, Ungarn aus der Union herausführen zu wollen, wundert sich Pindroch.
In ihrem üblichen Wochenleitartikel begrüßt Magyar Narancs die absehbare Geschlossenheit aller Oppositionsparteien bei den Kommunalwahlen im Herbst. Die Autoren halten eine solche Einheit auch bei den Budapester Oberbürgermeisterwahlen für sicher. Gut, dass Momentum ihre grundsätzliche Absage an eine Zusammenarbeit mit „alten“ Parteien aufgegeben habe. Die Redakteure der liberalen Wochenzeitung erkennen an, dass sich die Opposition aus politisch sehr heterogenen Parteien zusammensetze. Auch sei kaum anzunehmen, „dass sie sich in Zukunft gegenseitig aus den Händen fressen werden“. Aber um der amtierenden Regierungspartei einigermaßen auf Augenhöhe begegnen zu können, müssten sie sich miteinander arrangieren. Magyar Narancs vergleicht ihre Lage mit derjenigen, in der sich die verschiedenen Oppositionskräfte zu Wendezeiten vor 30 Jahren befunden hätten. Ihre damalige Forderung an die Adresse der regierenden Kommunistischen Partei: Ebnet den Weg Richtung Demokratie! Nach dem erfolgten Regimewechsel seien sie dann aufeinander losgegangen.
Budapost