Wenn Kaplan Mathias Breimair im Beichtstuhl der Basilika St. Lorenz das sagt, geht er von einem aus: Dass der Beichtende bereut. Wenn allerdings jemand meint, er könne sich von einer Verfehlung reinwaschen lassen mit der Absicht, das Gleiche wieder zu tun, dann irrt er gewaltig. Da würde ein Priester nicht mitmachen – auch wenn das Sakrament Beichte in der katholischen Kirche ein Ziel hat: die weiße Weste der Seele, die Gläubige bei der Taufe geschenkt bekommen, wieder reinzuwaschen. In der Kemptener Basilika tun das so viele, dass dort in der Karwoche zeitweise gleichzeitig vier Priester Beichten abnehmen. In anderen Pfarreien – wie in Sonthofen-Nord – will laut Pfarrer Marek Pokorski kaum einer beichten. Dafür sei der Bußgottesdienst gut besucht.
Die Fastenzeit ist zu Ende, gläubige Christen bereiten sich vor den Ostertagen auf die Feier der Auferstehung vor. Für viele, sagt der 29-jährige Kaplan in der Stadtpfarrei St. Lorenz, sei das auch die Zeit zum Beichten. Die Basilika sei ein begehrter Ort, biete eine gewisse Anonymität. Selbst aus dem Umland würden Katholiken kommen. Ein gewichtiger Grund, in der Stadt zu beichten, sei vermutlich der engere Kontakt zum Pfarrer in der übersichtlichen Heimatpfarrei. Da scheuten sich manche davor, ihrem Priester, den sie kennen, im Beichtstuhl gegenüber zu sitzen. Egal, ob Jung oder Alt.
Dass er manchmal überhaupt jemanden im Beichtstuhl anhören kann, würde sich der Leiter der Pfarreiengemeinschaft Sonthofen-Nord wünschen. Nur wenige kommen vor Ostern, wenn Beichtgelegenheit ist, sagt Pfarrer Marek Pokorski. Beichten sei eben im Kopf vieler Menschen nicht mehr präsent. Warum? „Weil das Gewissen verschüttet ist“, vermutet der Geistliche, „die Menschen sind gleichgültig geworden.“
Nicht so beispielsweise bei Ministranten in Wildpoldsried. Ihnen hat der Kaplan erst die Beichte abgenommen. Wie der Ablauf im Beichtstuhl ist, bleibe jedem selbst überlassen. Ältere würden sich oft so verhalten, wie sie es gelernt haben: Mit dem Einstieg „Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken.“ Oder sie „arbeiten“ sich an den Zehn Geboten entlang.
Der junge Geistliche hat beim Beichtgespräch gewisse Kategorien. Die Beziehung zu Gott, zum Mitmenschen und zur eigenen Person – mit der Absicht: „Jeder soll ein Muster finden, wonach er sein Leben sortiert.“ Achtsamkeit sei dabei das Schlüsselwort. So sei es beispielsweise eine Verfehlung, wenn jemand vom Internet und Handy sein Leben beherrschen lasse. Dann trage er eine Mitschuld, denn er gehe fahrlässig mit seinem Leben um. Einem Leben, „das Gott ihm geschenkt hat.“ Breimair sieht es als seine Aufgabe an, den einen oder anderen Rat zu geben. Der Beichtvater als Therapeut? „Das ist ein Aspekt“, sagt der Kaplan. Doch ein Therapeut könne nicht von Schuld lossprechen. Darauf ziele die Beichte ab. Eine ziemliche Macht, die der Geistliche hat? Diese habe er nicht als Person, sagt Breimair. Er sei „nur ein Werkzeug, Gott ist derjenige, der Vergebung wirkt.“ Kann das „Werkzeug Gottes“ Vergebung ausschlagen? Bei einem Verbrechen? Wenn einer offen und ehrlich bekenne und bereue, werde ihm in Jesu Namen auch verziehen.