Warum eine fränkische Bäckerei jetzt Wein-Hostien herstellt
von Sarah Schierack
Es gehört zur Eigenart von Geistesblitzen, dass sie das menschliche Gehirn an den unmöglichsten Orten und bei den alltäglichsten Tätigkeiten durchzucken. Selbst Archimedes, einer der bedeutendsten Mathematiker der Antike, entwickelte sein archimedisches Prinzip beim entspannten Bad in der Wanne. Danach lief der berühmte Denker nackt und mit „Heureka“-Rufen durch die Straßen, aber das ist eine andere Geschichte.
Ähnliche Eskapaden sind aus dem fränkischen Alesheim nicht bekannt. Einen außergewöhnlichen Geistesblitz kann die örtliche evangelische Gemeinde jedoch neuerdings auch vorweisen: Beim Backen daheim grübelte Pfarrerin Julia Kleemann, wie man bei den anstehenden Konfirmationen trotz aller Corona-Beschränkungen ein Abendmahl abhalten könne. „Ich habe für meinen Sohn einen Rotweinkuchen gebacken“, erzählt sie. Währenddessen habe sie sich gedacht: „Eigentlich muss es doch möglich sein, Wein in den Hostien zu verbacken. Genauso wie bei meinem Kuchen.“
Kleemann rief kurzerhand bei ihrer Hostienbäckerei in Neuendettelsau an. Dort wurde eine Woche lang getüftelt, bis schließlich das Rezept stand: Sechs Liter Wasser, ein Liter halbtrockener Bacchus und 14 Schaufeln Mehl.
Herausgekommen sind die Wein-Hostien, einzeln in Plastik verpackt, quasi ein Abendmahl zum Mitnehmen. Mittlerweile liefert die Bäckerei ihre Oblaten in 140 Gemeinden in Deutschland und Österreich.
Die Umstellung fällt nicht jedem Gläubigen leicht. „Wir sind eine Dorfgemeinde in Franken, da ist noch alles sehr traditionell“, erzählt Pfarrerin Kleemann. Nachschub haben sie trotzdem bereits geordert.