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#1

Abgesang der Populisten

in Ausland und EU 27.04.2020 17:57
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Das Ende vom Mythos Bolsonaro
Brasiliens Präsident muss um politisches Überleben kämpfen


Brasília „Mythos, Mythos“, rufen seine Fans meist, wenn sie Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro irgendwo bei einem seiner Auftritte sehen. Doch Mythisches umgibt den Rechtspopulisten, der das riesige Land durch die anhaltende Verharmlosung der Coronavirus-Pandemie in arge Probleme gebracht hat, schon lange nicht mehr. Es ist vielmehr ein zäher politischer Überlebenskampf, in dem ein entzauberter Populist zu retten versucht, was eigentlich nicht mehr zu retten ist.

Der Rücktritt von Justizminister Sergio Moro ist eine Zäsur für die Präsidentschaft. Er ist nicht nur ein Schock für jenes politische Lager, das Bolsonaro gewählt hat, um „den Korrupten da oben mal so richtig Dampf“ zu machen. Er ist auch eine politische Delegitimierung. Denn Moro stand für das klassisch konservative Lager. Für jene Kräfte, die Bolsonaro mit Bauchschmerzen wählten, die die rassistischen oder vulgären Verbalattacken des Populisten eher abstießen, die aber auf keinen Fall eine neue linke Regierung wollten. Und die auch mit dem evangelikalen Fundamentalismus, den diese Regierung kennzeichnet, nur wenig anfangen konnten. Nun ist nach Gesundheitsminister Luiz Mandetta, der in der Corona-Krise nach wissenschaftlichen Kriterien handelte und deswegen gehen musste, der zweite Realpolitiker innerhalb kürzester Zeit weg.

Justizminister Moro ging mit schweren Anschuldigungen: Der Präsident habe auf die Ermittlungen der Bundespolizei Einfluss zu nehmen versucht. Ausgerechnet gegen die Behörde, die gegen die Bolsonaro-Söhne ermittelt, denen unter anderem Korruption und die Produktion von Fake News vorgeworfen wird. Und da ist immer noch der unaufgeklärte Mord an der afrobrasilianischen Stadträtin Marielle Franco aus dem Jahr 2018, deren Hauptverdächtige eine unheimliche Nähe zum Bolsonaro-Clan aufweisen. Wenn nun ausgerechnet der Politiker, der angetreten war, den Korruptionssumpf trockenzulegen, damit beschäftigt ist, seine eigene Familie vor der Justiz zu schützen!

Laut ersten Umfragen glauben zwei Drittel der Brasilianer eher den Anschuldigungen Moros als den Erklärungsversuchen Bolsonaros. Selbst einflussreiche Unterstützer Bolsonaros wie die ehemalige Volleyball-Nationalspielerin Ana Paula erklären ihren Millionen Followern in den sozialen Netzwerken nun, warum sie Bolsonaro nicht mehr folgen können. „Moro ist ein Gigant“, schreibt die populäre Sportlerin.

Zugleich stürzen Börse und die Währung ab, die Märkte wissen, dass Brasilien inmitten der Corona-Krise auch noch auf eine Regierungskrise zusteuert. Die Armeespitze, von deren Wohl Bolsonaro abhängt, zeigt sich „tief besorgt“. Brasiliens Ex-Präsident Fernando Henrique Cardoso forderte Bolsonaro zum Rücktritt auf: „Ersparen Sie uns das Impeachment.“ Tatsächlich mehren sich die Stimmen, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten fordern. Von Tobias Käufer


Liebe Grüße
Peter
zuletzt bearbeitet 12.11.2020 17:00 | nach oben springen

#2

Abgesang der Populisten (2)

in Ausland und EU 27.04.2020 18:00
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Erdogan riskiert den Staatsbankrott
Handel Das Coronavirus setzt der ohnehin geschwächten türkischen Wirtschaft zu. Doch der Präsident versucht, ohne internationale Hilfen klarzukommen



Istanbul Geschlossene Geschäfte, ausgestorbene Einkaufsstraßen, verwaiste Plätze, leere Strände: Auch in der Türkei hinterlässt Covid-19 dramatische Spuren. Die 18-Millionen-Metropole Istanbul gleicht in diesen Tagen einer Geisterstadt. In wenigen Ländern breitet sich das Coronavirus derzeit so rasant aus wie in der Türkei. Die Weltgesundheitsorganisation spricht von einem „dramatischen Anstieg der Infektionen“.

[spoiler2=--> weiter lesen]In der Türkei haben sich offiziellen Angaben zufolge bisher knapp 102 000 Menschen mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. 2491 Menschen sind gestorben. Den Daten der Johns-Hopkins-Universität in den USA zufolge liegt die Türkei auf Platz sieben der am schwersten betroffenen Länder. Damit hat die Türkei nun bei den festgestellten Infektionen China überholt.

Lange spielte die Regierung in Ankara die Gefahr herunter. Staatschef Recep Tayyip Erdogan sträubte sich gegen die von den Fachleuten geforderten Kontaktsperren, aus Sorge um die ohnehin angeschlagene Wirtschaft. Inzwischen räumt auch Erdogan ein, dass die Epidemie „ernste ökonomische Folgen“ haben wird. Um die weitere Ausbreitung des Virus zu bremsen, erließ die Regierung zwischen Donnerstag und Sonntag eine viertägige Ausgangssperre für Istanbul sowie weitere 30 Städte und Provinzen. Am Freitag begann der Fastenmonat Ramadan. Die Corona-Epidemie lähmt große Teile der türkischen Wirtschaft.

Im Einzelhandel läuft fast nichts mehr. Der Tourismus, der rund zwölf Prozent zum türkischen Bruttoinlandsprodukt beiträgt, steht still. Auch die türkische Automobilindustrie, der wichtigste Exporteur und ein bedeutender Devisenbringer des Landes, hat ihre Produktion heruntergefahren.

Noch Ende 2019 schien die Türkei auf einem guten Weg: Die Wirtschaftsleistung wuchs im letzten Quartal um sechs Prozent. Für 2020 rechnete Finanzminister und Erdogan-Schwiegersohn Berat Albayrak mit einem Wachstum von fünf Prozent. Jetzt erwarten Analysten, dass die türkische Wirtschaft in diesem Jahr um mindestens fünf Prozent schrumpfen wird. Wie prekär die Lage ist, lässt sich am Kurs der türkischen Lira ablesen. Seit Jahresbeginn hat die türkische Währung bereits 17 Prozent ihres Außenwerts verloren.

Beigetragen haben zu dem Lira-Verfall vor allem die massiven Kapitalabflüsse. Im ersten Quartal zogen Anleger rund 6,5 Milliarden Dollar aus der Türkei ab. Dahinter stehen wachsende Sorgen vor Zahlungsschwierigkeiten des Landes. Zwar belaufen sich die Staatsschulden der Türkei nur auf rund 31 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist weniger als halb so viel wie 2001, im Jahr der großen türkischen Finanzkrise. Rechnet man aber die Auslandsschulden der türkischen Banken und Unternehmen hinzu, ist die Quote doppelt so hoch. Und viele Firmen haben Probleme, ihre Devisenkredite zu bedienen: Wegen des Verfalls der heimischen Währung geben sie immer mehr Lira für Zinsen und Tilgung aus. Das Geld fehlt für Investitionen. In den kommenden zwölf Monaten müssen Staat und Unternehmen für den Schuldendienst 172 Milliarden Dollar aufbringen. Die Devisenreserven und Goldbestände der Türkei belaufen sich nur noch auf knapp 90 Milliarden Dollar.

Die Türkei könnte zwar, wie schon im Krisenjahr 2001, den Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfskredite bitten. Erdogan, der den Fonds als „weltgrößten Kredithai“ beschimpft, will aber davon bisher nichts wissen. Er hatte schon nach seinem Regierungsantritt 2002 erklärt, das „Kapitel IWF“ sei unter ihm „für immer geschlossen“. Erdogan fürchtet die Spar- und Reformauflagen, die damit verbunden wären.

Sein Sprecher Ibrahim Kalin versicherte, ein Hilfsabkommen mit dem IWF stehe „nicht auf der Tagesordnung der Türkei“. Viele Analysten glauben aber, dass Erdogan letztlich in den sauren Apfel beißen und IWF-Hilfen beantragen muss. Sonst könnte noch im Laufe dieses Jahres ein Zahlungsausfall drohen.

Was viele Ökonomen beunruhigt: Die Entwicklung in der Türkei gleicht der in Argentinien. Auch dort strangulierten hohe Dollarschulden die Wirtschaft. Die Ende Oktober 2019 gewählte neue Linksregierung von Präsident Alberto Fernandez lehnte Hilfe des IWF ebenfalls strikt ab. Jetzt droht dem Land der nächste Staatsbankrott. Von Gerd Höhler[/spoiler2]


Liebe Grüße
Peter
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#3

RE: Abgesang der Populisten (3)

in Ausland und EU 08.05.2020 18:08
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Der kranke Mann Europas
Großbritannien Seit das Königreich die Statistik der Corona-Todesfälle anführt, will Premier Boris Johnson von Ländervergleichen nichts mehr wissen. Doch die Opposition stellt unbequeme Fragen

Am Tag, als Großbritannien zum „kranken Mann Europas“ wurde, hätte man erwartet, dass es der Aufschrei und die Bestürzung auf alle Titelseiten des Landes schaffen. Doch weit gefehlt. Gerade hatte das Königreich bei den bestätigten Corona-Todesfällen Italien überholt und ist nun mit mehr als 30 000 Menschen, die nach einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 starben, das in Europa am schlimmsten von der Pandemie betroffene Land. Die tatsächliche Zahl dürfte sogar weitaus höher liegen. So zeigen Daten der nationalen Statistikbehörde ONS, dass seit Mitte März über 42 000 Menschen mehr gestorben sind als in normalen Jahren. Doch die konservative Presse entschied, an diesem Tag lieber die Affäre von „Professor Lockdown“, Neil Ferguson, prominent zu spielen.

Der Epidemiologe am Londoner Imperial College gehörte zum Beraterteam der Regierung, das strenge Maßnahmen empfahl. Nur hielt sich Ferguson persönlich nicht immer an die Kontaktsperre, sondern traf sich wiederholt mit seiner Geliebten. Er musste zurücktreten. Handelte es sich bei der Enthüllung ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt um ein Manöver der Tory-freundlichen Medien, um von dem traurigen Rekord abzulenken, wie einige Beobachter mutmaßten?

Auch wenn die Umfragewerte von Premierminister Boris Johnson gut sind und eine deutliche Mehrheit der Briten das Vorgehen der Regierung laut Meinungsforschungsinstitut Opinium noch immer befürwortet, nimmt die Kritik am Krisenmanagement zu. „Wie um alles in der Welt kam es dazu?“, fragte der neue Oppositionschef der Labour-Partei, Keir Starmer, Johnson beim ersten Wortgefecht im Parlament angesichts des traurigen Pandemie-Spitzenplatzes. Während die Regierung im März, als Großbritannien bei den offiziellen Infektionszahlen noch einige Wochen hinter anderen europäischen Staaten zurücklag, stolz auf die internationalen Vergleiche zeigte, will sie plötzlich von diesen nichts mehr wissen. Das Datenmaterial gebe es noch nicht her, Schlussfolgerungen zu ziehen, so Johnson. Er und seine Minister verweisen lieber auf die Unterschiede bei den Methoden bezüglich der Erhebung, der Bevölkerungszahl oder Altersstruktur – und zweifeln an der Qualität der Statistiken in anderen Ländern, obwohl Experten auf der Insel unaufhörlich kritisieren, dass auch im Königreich über viele Wochen nur die Todesfälle aus den Krankenhäusern in die offizielle Statistik eingingen. Verstorbene aus Alten- und Pflegeheimen wurden aufgrund des eklatanten Mangels an Tests weder überprüft noch mitgezählt. Bis heute steigt die Todesrate in diesen Einrichtungen. Johnson spricht dagegen von „unserem offensichtlichen Erfolg“, und in der täglichen Pressekonferenz in der Downing Street werden mit immer gleichen Slogans die positiven Trends beschworen. Die Missstände aber bleiben – wie die unzureichenden Testkapazitäten oder der Mangel an Schutzausrüstung im nationalen Gesundheitsdienst NHS, der durch die jahrelange Sparpolitik ausgezehrt und schlecht auf die Pandemie vorbereitet war. So schafft es das Land nicht einmal, die von der Regierung zu PR-Zwecken versprochene Marke von 100 000 täglich durchgeführten Tests zu erreichen. Warum haben im Königreich so viel mehr Menschen ihr Leben verloren, obwohl das Gesundheitssystem anders als in Italien nicht überwältigt wurde und man vergleichsweise mehr Zeit zur Vorbereitung hatte? Wer trägt Schuld an der Krise? Um diese Fragen kreist die Debatte. Die Regierung habe „ernsthafte Fehler“ begangen, urteilt Keir Starmer. „Sie war langsam bei der Verhängung des Lockdown, langsam beim Testen, langsam bei der Versorgung mit persönlicher Schutzausrüstung“, feuerte der Oppositionsführer dem Premier, der selbst an Covid-19 erkrankt war, entgegen – mit Blick auf das anfängliche Zögern und den dann folgenden Schlingerkurs.

Und so scheint es weiterzugehen: Trotz der alarmierenden Zahlen begann Johnson am Donnerstag, mit seinem Kabinett über eine schrittweise Lockerung der Beschränkungen zu beraten, laut denen die Menschen ihre Wohnungen derzeit kaum verlassen dürfen. Es wird darüber nachgedacht, den Briten zumindest die Fahrt aufs Land für Spaziergänge und Picknicks zu erlauben und generell Sport im Freien nicht nur einmal, sondern mehrmals am Tag zu gestatten.
Von Katrin Pribyl


Liebe Grüße
Peter
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#4

RE: Abgesang der Populisten (4) Johnsons Fahrplan ins Chaos

in Ausland und EU 12.05.2020 10:07
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Die Regierung von Boris Johnson agiert in der Pandemie widersprüchlich und unkoordiniert. Dadurch werden die sozialen Brüche im Land brutal sichtbar. Bestimmte Gruppen werden von dem Coronavirus härter getroffen.
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Liebe Grüße
Peter
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#5

RE: Abgesang der Populisten (5) Trumps gefährliches Spiel

in Ausland und EU 12.05.2020 10:09
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Die Strategie des US-Präsidenten setzt auf die Wirtschaftslage und die Wut seiner Wähler. Beides droht sich in der Corona-Pandemie gegen ihn zu richten.
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Liebe Grüße
Peter
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#6

RE: Abgesang der Populisten (6) Wie Twitter mit Lügen umgeht

in Ausland und EU 28.05.2020 16:42
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Wie Twitter mit Lügen umgeht
Heftige Kritik an Kurznachrichtendienst

Washington Timothy J. Klausutis kann nicht glauben, wie Twitter auf seine eindringliche Bitte reagiert, Donald Trumps Lügen über den tragischen Tod seiner Frau Lori zu löschen. Statt dem Wunsch nachzukommen, entschuldigte sich der Kurznachrichtendienst „für die Schmerzen, die diese Behauptungen … für Ihre Familie mit sich bringen“. Man arbeite an Regeln und Verfahren, „mit solchen Dingen in Zukunft besser umgehen zu können“. In dem konkreten Fall schlägt Twitter den Wunsch des Witwers aus, den dieser in einem herzzerreißenden Brief an Konzernchef Jack Dorsey formuliert hatte. Trump versuche, den tragischen Tod seiner Frau für eine Verschwörungstheorie zu missbrauchen. „Meine Frau verdient, besser behandelt zu werden.“

Hintergrund für das Schreiben sind Tweets des Präsidenten, in denen dieser ohne Faktenbasis darüber spekuliert, dass die Ex-Mitarbeiterin des republikanischen Abgeordneten Joe Scarborough ermordet worden sei. Dabei wird der Eindruck erweckt, Scarborough könnte mit der Tat etwas zu tun haben. Scarborough ist heute ein beliebter Morgenmagazin-Moderator auf MSNBC und gehört zu den schärfsten konservativen Kritikern Trumps. Seine damals 29-jährige Mitarbeiterin war 2001 im örtlichen Wahlkreisbüro von Fort Walton Beach kollabiert und mit dem Kopf auf die Tischkante geschlagen. Lori hatte Freunden vorher gesagt, sie fühle sich nicht wohl. Die Obduktion ergab, dass Herzversagen zu der Ohnmacht führte. Scarborough hielt sich zu diesem Zeitpunkt 1500 Kilometer entfernt von der jungen Frau auf. Kritiker wie die Kolumnistin Karen Tumulty wundern sich, warum Twitter die Verbreitung solch unhaltbarer Lügen unter Trumps mehr als 80 Millionen „Followern“ erlaubt, „während es andere Nutzer wegen vergleichsweise geringerer Vergehen von seiner Plattform verbannt“.

Als Hoffnungsschimmer werteten Analysten wie Joshua Pasek von der University of Michigan die Entscheidung Twitters, bei einer anderen Schmierenkampagne des Präsidenten erstmals aktiv zu werden. Unter zwei Tweets, in denen Trump ohne jeden Beleg behauptet, Briefwahl sei eine Einladung zum Wahlbetrug, stehen nun Links zu einem Faktencheck. Diese Aktion deute darauf hin, so Passet, dass es für Twitter einen Punkt gibt, an dem der Dienst nicht mehr tatenlos zusehen wolle. Hinter einem eingekreisten Ausrufezeichen werden die Leser aufgefordert: „Holen Sie sich hier die Fakten über Briefwahlen.“ Ein Klick bringt die Nutzer auf eine Webseite mit der Überschrift „Trump behauptet unbelegt, dass Briefwahlzettel zu Wahlbetrug führen werden“. Darunter hat der Dienst Quellen zusammengetragen, die Trumps Verschwörungstheorie zerpflücken. Der Aufschrei des „Twitterers-in-Chief“ ließ nicht lange auf sich warten. Silicon Valley mische sich nun in die Präsidentschaftswahlen 2020 ein, beklagt sich Trump. „Twitter würgt die freie Meinungsäußerung komplett ab“, zwitscherte er. „Als Präsident werde ich das nicht erlauben.“ Von Thomas Spang


Liebe Grüße
Peter
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#7

RE: Abgesang der Populisten : Von Feinden umzingelt

in Ausland und EU 16.10.2020 17:26
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Seit Jahren fährt Ankara einen aggressiven Kurs. Nun liegt die Türkei mit beinahe allen Partnern im Streit

Istanbul Nicht einmal Routine-Treffen zwischen türkischen und europäischen Politikern verlaufen derzeit friedlich. Als die schwedische Außenministerin Ann Linde vor einigen Tagen nach einem Gespräch mit ihrem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu vor der Presse die EU-Forderung nach einem Rückzug türkischer Truppen aus Syrien bekräftigte, erwiderte Cavusoglu verärgert, Europa behandele die Türkei „von oben herab“. Außerdem unterstütze die EU kurdische Terroristen. Dass Cavusoglu auf offener Bühne mit Linde stritt, war kein Ausrutscher, sondern Zeichen einer türkischen Außenpolitik, die auf Krawall gebürstet ist.


Ankara liegt mit fast allen Nachbarn und den meisten Partnern im Clinch. Die türkische Regierung schickt Truppen nach Syrien und Waffen nach Libyen. Sie mischt im Konflikt um die Kaukasus-Region Berg-Karabach mit und lässt ihre Luftwaffe im Irak angreifen. Sie hat keine Botschafter in Armenien, Syrien, Israel und Ägypten, empfängt aber die Chefs der radikalen Palästinensergruppe Hamas. Im östlichen Mittelmeer gerät sie mit Griechenland und Zypern aneinander. Frankreich sagt, die Türkei sei kein Partner mehr.

Mit den USA liegt die Türkei über Kreuz, weil sie ein russisches Luftabwehr-System gekauft hat, das nicht mit der Nato kompatibel ist. US-Senatoren forderten die Trump-Regierung vor wenigen Tagen auf, Sanktionen gegen Ankara zu erlassen. Auch Europa diskutiert über Strafmaßnahmen: Wegen fortgesetzter Provokationen der Türkei im Gasstreit im Mittelmeer reißt selbst der Bundesregierung in Berlin, die bisher gegen Sanktionen war, allmählich der Geduldsfaden. Von einer Wiederannäherung der Türkei an die EU nach Jahren der Krise redet niemand mehr.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan gibt dem Ausland die Schuld. Die Türkei sei von Gegnern umzingelt, sagte er kürzlich. Erdogan und seine Anhänger werfen besonders dem Westen vor, den Aufstieg der Türkei zur Regionalmacht verhindern zu wollen. Mit dieser Sicht der Dinge steht die türkische Führung allerdings allein da. Die meisten Nachbarn der Türkei sowie die EU und die USA sehen ein Land, das ständig Streit sucht und sich in Konflikte vom Kaukasus nach Nordafrika einmischt.

Selbst Kremlchef Wladimir Putin, seit Jahren ein Partner von Erdogan, geht inzwischen etwas auf Distanz. Die beiden Präsidenten haben in Syrien ihre gegensätzlichen Ziele ausgeklammert und arbeiten dort eng zusammen. Doch Erdogans Versuch, im neuen Krieg zwischen dem türkischen Verbündeten Aserbaidschan und Armenien um Berg-Karabach einzugreifen, gefällt der Moskauer Führung überhaupt nicht. Russland betrachte die Türkei nicht als strategischen Partner, sagte Putins Außenminister Sergej Lawrow jetzt kühl.

Es ist ein massiver Wechsel in der türkischen Politik: „Null Probleme“ mit den Nachbarn kündigte der damalige türkische Außenminister Ahmet Davutoglu vor zehn Jahren an. Inzwischen hat die Türkei beinahe „null Freunde“. Hinter der konfrontativen türkischen Außenpolitik von heute steht der Anspruch, dem Land ein Mitspracherecht bei allen Themen zu verschaffen, für die es sich interessiert. Erdogan will im Kaukasus ebenso einen Fuß in die Tür bekommen wie in Libyen. „Die Türkei will zu einem entscheidenden Akteur werden, der von niemandem ignoriert und nur von wenigen bekämpft werden kann“, fasst Marc Pierini, ein früherer EU-Botschafter in Ankara, Erdogans Konzept zusammen.

Um dieses Ziel zu erreichen, stärkt Erdogan die Armee mit Milliardensummen und Waffen. Moderne Kampfdrohnen werden in Libyen, Syrien und im Kaukasus eingesetzt. Im nächsten Jahr soll das erste amphibische Angriffsschiff in Dienst gestellt werden. Der türkische Wehretat von sechs Milliarden Euro macht fünf Prozent des Staatshaushaltes aus; die Verteidigungsausgaben sind innerhalb von zehn Jahren um 90 Prozent gestiegen.

Für Erdogan ist die außenpolitische Kraftmeierei innenpolitisch wichtig. Die ständigen Krisen und die Warnungen vor angeblichen Feinden der Türkei im Ausland sollen die Wähler trotz Wirtschaftskrise und Währungsverfall hinter der Regierung einen. So stieg Erdogans Zustimmungsrate während der scharfen Auseinandersetzungen mit Griechenland über das östliche Mittelmeer im Sommer. „Weil die positiven Effekte der außenpolitischen Abenteuer nur kurz anhalten, tritt der türkische Präsident verzweifelt immer neue Krisen los“, sagt Aykan Erdemir, Türkei-Experte an der amerikanischen Denkfabrik Foundation for Defense of Democracies.

Wo immer sie sich engagiere, wolle die Türkei die bestehende Ordnung stören, sagte Galip Dalay von der Robert-Bosch-Stiftung. Die türkische Führung hofft, die daraus entstehende Unordnung für eine Stärkung der türkischen Position nutzen zu können. Zumindest bisher kommt Erdogan damit durch. Zumindest kurzfristig. Langfristig sehen Experten schwere Probleme auf die Türkei zukommen. Noch nie in der fast hundertjährigen Geschichte der Republik sei die Türkei so isoliert gewesen wie heute. Außerdem treibe Erdogans Politik ausländische Investoren aus dem Land. Künftige Regierungen würden Jahrzehnte brauchen, um den diplomatischen und wirtschaftlichen Schaden zu bereinigen, den sie von Erdogan erben werden.von thomas Seibert


Liebe Grüße
Peter
zuletzt bearbeitet 26.10.2020 16:49 | nach oben springen

#8

RE: Abgesang der Populisten : Trumps Partei in Sorge

in Ausland und EU 26.10.2020 16:51
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Republikaner fürchten „Blutbad“ bei Senatswahl

Washington Am Ausgang der Abstimmung besteht kaum noch ein Zweifel: Bereits an diesem Montag will der US-Senat nach einem Hauruckverfahren die konservative Verfassungsrichterin Amy Coney Barrett bestätigen. Die Republikaner feiern die Personalie als großen Erfolg. Doch es könnte für lange Zeit ihr letzter Triumph sein. Bei der Wahl am 3. November droht die Partei nämlich nicht nur das Weiße Haus zu verlieren, sondern auch die Mehrheit in der zweiten Kammer des Kongresses. Dann wären die Republikaner für mindestens zwei Jahre politischer Mitwirkungsmöglichkeit in Washington beraubt.


Es werde „sehr schwer“, die Kontrolle des Senats zu behalten, soll Donald Trump persönlich laut einem Bericht der Washington Post vor wenigen Tagen hinter verschlossenen Türen eingeräumt haben. Einige Senatoren sind noch offener: Es drohe ein „republikanisches Blutbad“, sagte Ben Sasse, der republikanische Senator von Nebraska, bei einer virtuellen Townhall-Begegnung mit Bürgern und gab dafür dem Präsidenten die Schuld. Selbst Mehrheitsführer Mitch McConnell, der eiserne Vollstrecker der Trump-Politik im Senat, stuft die Chancen auf einen Machterhalt nur auf 50 Prozent ein.

Während die Mehrheit im Repräsentantenhaus des Kongresses schon 2018 an die Demokraten gefallen war, haben die Republikaner derzeit im Senat – quasi der Länderkammer – das Sagen. Damit können sie nicht nur die Last-Minute-Besetzung des Supreme Courts durchdrücken, sondern auch alle Initiativen der Demokraten etwa in der Gesundheits-, Einwanderungs- oder Klimapolitik selbst bei einem Wahlsieg Joe Bidens blockieren. Von Karl Doemens


Liebe Grüße
Peter
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#9

RE: Abgesang der Populisten Obama vergleicht Trump mit "zweitklassigem Diktator

in Ausland und EU 03.11.2020 18:03
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Der Ex-Präsident macht sich über das Twitter-Gebaren seines Amtsnachfolgers lustig. In zwei kleinen Gemeinden beginnt der Wahltag unterdessen schon um Mitternacht. Warum nicht klar ist, wann genau das Ergebnis der Präsidentenwahl feststehen wird, erklärt Reymer Klüver. Hier lesen Sie alle Entwicklungen der

Wahl im Live-Blog.


Liebe Grüße
Peter
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#10

RE: Abgesang der Populisten Trumps Tollhaus US-Wahl "Die Richter müssen es klären

in Ausland und EU 07.11.2020 13:07
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Trumps Tollhaus

Der Präsident wird die Wahl nicht mehr gewinnen - aber er kann die Präsidentschaft an sich reißen. Es geht nicht mehr um Stimmen, es geht um Chaos und den 8. Dezember. Die Demokraten müssen sich auf seine Strategie einstellen.


Das Verhalten Donald Trumps ist in keiner Weise irrational. Es mag auf den ersten Blick undemokratisch sein, dass der Präsident die nackten Zahlen der Abstimmung nicht anerkennt. Aber angesichts der Terrier-Mentalität des Präsidenten ist leicht zu erkennen, welcher Film sich gerade vor seinen Augen abspielt. Donald Trump wird die Wahl nicht nach Stimmen gewinnen - aber er kann sie mit Tricks und Tücken des Verfahrens an sich reißen.

Das Interregnum zwischen dem Wahltag in den USA und dem Tag der Vereidigung des neuen Präsidenten beträgt 79 Tage. In diese Periode fallen wichtige Termine, etwa "der erste Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember", wenn die Wahlleute des Electoral College überall im Land ihre Stimmen abgeben sollen, um den Präsidenten zu wählen. In diesem Jahr ist das der 14. Dezember.

Davor bereits kennt der Wahlkalender den safe harbor day, der auf den 36. Tag nach dem Wahltermin fällt - also den 8. Dezember. Das Wahlgesetz erlaubt die Auszählung innerhalb dieser Frist. Bis zu diesem Tag müssen also die Stimmen den sicheren Hafen erreicht haben. Dann müssen die Bundesstaaten das Ergebnis zertifizieren und ihre Wahlleute bestimmen. Das bedeutet aber auch: Nach dem 8. Dezember ist kein Hafen mehr sicher.

Entgegen dem Anschein sitzt der Präsident nicht im Weißen Haus und feuert unkontrolliert Tweets ab. Nein, Trump fährt die Strategie eines Mannes, der nicht genug Stimmen erhalten wird und nun den Wahlsieg auf anderem Weg erkämpfen will. Die US-Verfassung und die Wahlgesetze geben ihm dazu Möglichkeiten.

Biden: "Wir sind vielleicht Gegner, aber wir sind keine Feinde"


Im ersten Schritt diskreditiert Trump das Wahlergebnis, meldet rechtliche Zweifel an und unterwirft das Verfahren seiner Taktung. Das geschieht schon seit Monaten: Die Ressourcen für die Auszählung wurden ausgedünnt, das Briefwahlverfahren in Zweifel gezogen oder behindert, die Argumente gegen eine langwierige Auszählung wiederholt. All das erweitert den Spielraum für mögliche Prozesse und Anfechtungsverfahren. Nachzählungen des Ergebnisses in ganzen Bundesstaaten sind besonders langwierig - sensible Verfahren, die mit viel Getöse begleitet und in die Grauzone der Unrechtmäßigkeit gerückt werden können.

Je mehr Verfahren angestrengt werden, desto höher die Chance, dass die Bundesstaaten kein offizielles Ergebnis feststellen und damit nicht wie vorgesehen am 8. Dezember ihr Wahlergebnis zertifizieren und die Wahlleute benennen können.

Dann aber beginnt ein politisches Spiel, oder mit der angemessenen Härte ausgedrückt: der Krieg. Die Wahlleute werden eigentlich von der siegreichen Partei entsandt, allerdings gibt es seit der Wahlauseinandersetzung 2000 Bush gegen Gore ein Urteil des Obersten Gerichts, wonach die Bundesstaaten dieses Recht an sich nehmen können. Für diesen Ermächtigungsakt kommen die Kongresse oder die Gouverneure infrage. Die Parlamente in den umstrittenen Bundesstaaten Pennsylvania, Georgia, Arizona, Michigan und Wisconsin sind allesamt republikanisch dominiert, von den Regierungen zumindest ein Teil.

Wird dieses Einfallstor über die Bundesstaaten blockiert, und kommt ein Wahlleutegremium damit überhaupt nicht zustande, dann geht die Rechtsauseinandersetzung in die dritte Runde. Dann wird in Washington das Repräsentantenhaus den Präsidenten wählen. Dort stellen zwar die Demokraten die Mehrheit, aber die Gesetzesgrundlage für dieses Notverfahren ist mehr als schwammig und eröffnet den letzten, aber besonders erfolgversprechenden Weg zum Supreme Court.

All diese Verfahrensschritte eröffnen Trump neue Optionen, an seinem Amt festzuhalten. Die beste Chance der Demokraten liegt darin, jetzt möglichst viele Bundesstaaten per Stimmenmehrheit zu gewinnen und sich so gegen den einen oder anderen Versuch der Anfechtung abzusichern. Alle blauen Staaten wird Trump nicht lähmen können. Einzelne vielleicht schon.

Biografie und Amtsverständnis Trumps lassen keinen Zweifel, dass der Mann mit allen schmutzigen Tricks arbeiten wird. Amerika muss sich auf einen langen Winter der Unsicherheit einstellen, in dem der Präsident und seine Büchsenspanner große Teile des Landes aufwiegeln wollen, um ein Klima von Chaos und Führungslosigkeit zu erzeugen.

Dies ist die Strategie, auf die sich Joe Biden und die am Recht orientierte Mehrheit in den USA einstellen müssen. Es wäre hilfreich, wenn die Republikaner im Kongress ihr vielsagendes Schweigen brächen und Trump ebenso auf die Macht der Stimmenmehrheit hinwiesen. Denn das Schicksal dieser Demokratie wird jetzt entschieden. Ansonsten droht bedlam - das Tollhaus, das Trump bereits angekündigt hat.
© SZ


Liebe Grüße
Peter
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#11

RE: Abgesang der Populisten : Trumps Kronzeuge schwindelte

in Ausland und EU 12.11.2020 17:01
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Behauptung über Wahlbetrug falsch



Washington Der 32-jährige Richard Hopkins avancierte in der Welt der Anhänger Donald Trumps über Nacht zum Kronzeugen für massiven Wahlbetrug in Pennsylvania. Aktivisten sammelten für den „amerikanischen Patrioten“ auf GoFundMe fast 130 000 Dollar und twitterten dessen Vorwürfe aus. Demnach habe der Leiter einer Poststelle in „Erie County“ zu spät eingegangene Briefwahl-Stimmen zurückdatieren lassen. Der Vorsitzende des Justizausschusses im Senat, Lindsey Graham, nahm auf den Vorgang Bezug, um vom Justizministerium eine Untersuchung zu verlangen. Entgegen der üblichen Praxis, die Auszählung der Stimmen vor Ermittlungen abzuwarten, erlaubte Justizminister William Barr Bundesanwälten, in gravierenden Fällen bereits vorher tätig zu werden. In „Erie County“ können sie sich die Mühe ersparen. Denn der Held der „Trumper“ erwies sich bei Ermittlungen des Generalinspekteurs der Post als Schwindler, der seine Behauptungen unter Eid zurücknahm. „Whistleblower widerrief komplett“, teilte das für die Postaufsicht zuständige Komitee im Repräsentantenhaus mit.


Die Ermittlungen richten sich in diesem Fall nun gegen mögliche Hintermänner, die Hopkins als Strohmann benutzt und bezahlt haben könnten. Nicht ganz so spektakulär, aber nicht minder peinlich kollabierten Vorwürfe in den anderen Staaten, deren Ergebnisse Donald Trump anfechten lässt. In Michigan etwa stellte sich die Behauptung eines „6000 Stimmenverlusts unseres Kandidaten“ als ein Rechenfehler in einem „County“ heraus, der binnen einer Stunde korrigiert war. Joe Biden gewann den Bundesstaat mit mehr als 150 000 Stimmen. Der angebliche Ausschluss von Wahlbeobachtern in Detroit fand auch nicht statt. Tatsächlich befanden sich so viele Republikaner in dem überfüllten Zählzentrum, dass sie rotieren mussten.

Wahlrechtsexperte Justin Levitt von der Loyola Law School in Los Angeles sagt, es gebe in den USA nur „extrem selten“ Fälle von Wahlbetrug. Der Autor einer Studie über die Sicherheit von Wahlen zwischen dem Jahr 2000 und 2014 kam unter den rund eine Milliarde abgegebenen Stimmen auf genau 31 glaubhafte Vorwürfe. Eine Umfrage der New York Times bei allen Wahlleitern in den USA fand heraus, dass es keine Hinweise auf systematische Probleme oder größere Manipulationen bei diesen Wahlen gibt. Experten weisen darauf hin, dass in nicht einem Fall eine Klage vorliegt, die genügend Stimmen für ungültig erklären könnte, das Ergebnis im Nachhinein zugunsten Trumps zu verändern.

Für Kopfschütteln sorgte am Dienstag die Aussage von Außenminister Mike Pompeo, dass „es einen sanften Übergang zu einer zweiten Trump-Regierung geben wird“. Die Aussage verstärkte die Nervosität bei einigen Demokraten, der Präsident könnte einen „stillen Coup“ versuchen, indem er republikanische Mehrheiten in den Parlamenten einzelner Bundesstaaten benutzt, die Ergebnisse der Wahlen zu ignorieren und eigenmächtig Wahlmänner zu benennen.
von thomas Spang


Liebe Grüße
Peter
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#12

RE: Abgesang der Populisten : Trump macht einfach weiter

in Ausland und EU 19.11.2020 16:51
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

USA Twittertiraden, Klagen, Personalrochaden – der US-Präsident ignoriert seine Niederlage. Ein Sabotage-Versuch zweier Republikaner in Michigan befeuert Ängste vor einem Putsch

Washington Die Abschiedsworte für seine Kollegen musste Chris Krebs per Twitter verschicken. „Es war mir eine Ehre zu dienen. Wir haben das Richtige gemacht“, schrieb der für die Wahlsicherheit zuständige Behördenleiter des US-Heimatschutzministeriums. Kurz zuvor hatte ihn der Präsident persönlich rausgeworfen. Krebs’ Fehler: Der einst von Donald Trump berufene Ex-Microsoft-Manager hatte die Wahl als „nicht manipuliert“ bezeichnet. Das sei „hochgradig unzutreffend“, behauptet Trump.


Während der künftige Präsident Joe Biden in seinem Heimatort Wilmington mit Staats- und Regierungschefs in der ganzen Welt telefoniert und beginnt, sein Kabinett zusammenzustellen, steigert sich Trump in Verschwörungsfantasien. Der Präsident flutet das Netz mit Falschaussagen („Ich habe die Wahl gewonnen. Es gab Betrug im ganzen Land!“), feuert gesetzestreue Minister und Behördenchefs, schießt eine Klage nach der anderen ab und stachelt Wahlvorstände zum Boykott auf.

Trumps Getreue versuchten das Wahlergebnis ins Gegenteil zu verkehren. Der liberale Politologe Brendan Nyhan warnt: „Selbst wenn sie keinen Erfolg haben, wird diese Strategie der verbrannten Erde unsere Demokratie weiter beschädigen.“ Laut Umfragen glauben inzwischen 70 Prozent der Republikaner, dass die Präsidentschaftswahlen nicht frei und fair waren. Am Dienstagabend erreichte die kollektive Wirklichkeitsverweigerung einen Höhepunkt, als sich zwei lokale Wahlvorstände im Bundesstaat Michigan weigerten, das Ergebnis der Auszählung zu zertifizieren, und damit landesweit Sorgen vor einem Coup befeuerten.

Eigentlich ist die Beglaubigung ein Routineakt. Im konkreten Fall der Demokraten-Hochburg Wayne County rund um Detroit scheint die Sache erst recht eine Formalie zu sein: Joe Biden holte hier mehr als 68 Prozent der Stimmen. Trotzdem verweigerten die beiden Republikaner im vierköpfigen Wahlvorstand ihre Unterschrift. Wenn bis Mitte Dezember in einem Bundesstaat keine offiziellen Ergebnisse festgestellt sind, kann das jeweilige Landesparlament entscheiden. Die republikanische Kongress-Mehrheit in Michigan könnte dann 16 Trump-freundliche Wahlleute ins Electoral College entsenden, obwohl Biden in dem Bundesstaat eine satte Mehrheit von 145 000 Stimmen holte. Nach mehreren Stunden und chaotischen Szenen lenkten die Republikaner in Wayne County in der Nacht zum Mittwoch schließlich ein und zertifizierten die Wahl. Doch damit ist die Gefahr keineswegs gebannt: Alleine in Michigan müssen 83 regionale Wahlvorstände absegnen, bevor der Landes-Wahlvorstand das Gesamtergebnis bestätigt. Es drohen also weitere Widerstände. Auch im Bundesstaat Wisconsin will US-Präsident Donald Trump nun einen Teil der Stimmen im neu auszählen lassen, aufgrund gesetzlicher Vorgaben muss er dies allerdings selbst bezahlen – und die drei Millionen Dollar wurden am Mittwochabend denn auch überwiesen.

Für Empörung haben auch Berichte gesorgt, denen zufolge der republikanische Senator Lindsey Graham, ein enger Vertrauter von Trump, die für Wahlen zuständigen Regierungsvertreter in mehreren republikanischen Bundesstaaten unter Druck setzt, das Ergebnis zu verfälschen. So soll er Brad Raffensperger, dem republikanischen Staatsminister in Georgia, nahegelegt haben, bestimmte legale Stimmen einfach nicht zu zählen. Raffensperger erhält nach eigenen Angaben inzwischen Morddrohungen.

Der Präsident und mit ihm sympathisierende Gruppen haben nach US-Medienberichten inzwischen 25 Klagen bei Gerichten im ganzen Land eingereicht. Doch nur eine war erfolgreich. Der Rest wurde abgewiesen oder zurückgezogenen. Mehrere Anwaltskanzleien haben ihre Mandate niedergelegt. In Georgia wird aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe per Hand nachgezählt. Doch auch dort wurden nach Angaben der Verantwortlichen keine Hinweise auf systematische Wahlmanipulation gefunden. Allerdings waren bei der maschinellen Auswertung zwei Speicherkarten irrtümlich nicht eingelesen worden. Dadurch könnte Bidens Vorsprung von rund 14 000 auf rund 13 000 Stimmen schrumpfen. Am Endergebnis würde sich freilich nichts ändern. Damit scheint sich zu bestätigen, was Chris Krebs, der von Trump gefeuerte Chef der Behörde für Cyber- und Wahlsicherheit, schon vorige Woche erklärt hatte: „Die Wahl am 3. November war die sicherste in der amerikanischen Geschichte.“ Auf einer Webseite seines Amtes widerlegte der Top-Beamte alle Verschwörungserzählungen rund um die Abstimmung. Am Tag nach seinem Rausschmiss war der Fakten-Check noch nicht gelöscht.
von Karl doemens


Liebe Grüße
Peter
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#13

RE: Abgesang der Populisten : Was Trump noch alles anrichten könnte

in Ausland und EU 20.11.2020 16:27
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Analyse Der US-Präsident will vor einem Machtwechsel vollendete Tatsachen schaffen. Ministerin Kramp-Karrenbauer glaubt nicht, dass er dabei auf Verbündete Rücksicht nimmt

Überstürzter Rückzug aus Afghanistan, Angriffspläne gegen den Iran – US-Präsident Donald Trump spielt mit den Resten der außenpolitischen Reputation der USA und mit den Nerven der Verbündeten. Während weltweit spekuliert wird, wie und wann sich der fällige Machtwechsel von Trump auf Wahlsieger Joe Biden abspielt, regiert der amtierende Präsident weiter, als ob er die Wahl gewonnen hätte. Schlimmer noch: Es scheint, als ob er fest entschlossen sei, jede ihm verbleibende Minute im Weißen Haus zu nutzen, um außenpolitisch vollendete Tatsachen zu schaffen oder – wo das nicht mehr möglich ist – zumindest Unruhe zu stiften. Spekuliert wird eifrig darüber, ob Verbitterung den Republikaner leitet oder der aufkommende Gedanke an ein Comeback 2024.


Die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) macht sich denn auch keine Illusionen: „Wir müssen für den Rest der Amtszeit einfach damit leben, dass noch Entscheidungen aus dem Weißen Haus und von Präsident Trump getroffen werden, die sich nicht von selbst erklären und die sicherlich auch in unseren Augen an der einen oder anderen Stelle irrational sind“, sagte Kramp-Karrenbauer bei einer Veranstaltung unserer Redaktion. Tatsächlich könnten die Wochen bis zum offiziellen Machtwechsel am 20. Januar quälend lang werden – in den USA, aber auch global. Unliebsame Überraschungen inklusive. Kramp-Karrenbauer warnt jedoch davor, jetzt wie paralysiert auf das Weiße Haus zu schauen. „Man muss sich auch ein bisschen selbst davor schützen, sich selbst verrückt zu machen oder sich verrückt machen zu lassen“, sagte die CDU-Vorsitzende.

Auf welchen Feldern könnte die Regierung Trump noch folgenreiche Entscheidungen treffen? Im Fokus ist Afghanistan – zumal in diesem Fall bereits ein Beschluss vorliegt, der mit dem Adjektiv „folgenreich“ noch sehr zurückhaltend charakterisiert ist: Trump nutzte seine weiter bestehenden Befugnisse als Oberbefehlshaber, um den Abzug weiterer Truppen aus Afghanistan anzuordnen. Statt der aktuell 4500 bis 5000 Soldaten sollen bis zum 15. Januar nur noch etwa 2500 Männer und Frauen in dem Kriegsland stationiert bleiben. Die ohne Vorwarnung veröffentlichte Ankündigung alarmiert die Alliierten, die mit derzeit insgesamt 12 000 Soldaten am Hindukusch ausharren.

Von dem immer wieder beschworenen „Gemeinsam rein, gemeinsam raus“ ist offensichtlich nicht mehr die Rede. Jetzt droht ein völlig unkoordinierter Rückzug der Nato, der nicht nur politisch ein Offenbarungseid wäre, sondern auch die afghanische Regierung bei den ohnehin festgefahrenen Friedensgesprächen mit den Taliban-Rebellen in eine noch desperatere Position bringen würde.

Die Sorgen Kramp-Karrenbauers sind verständlich, schließlich stellt Deutschland mit rund 1200 Soldaten das zweitgrößte Kontingent der Allianz. Ohne Aufklärung, Kampfjets und die logistischen Fähigkeiten der US-Truppen wäre die Sicherheit der Bundeswehr in Afghanistan kaum noch gewährleistet. Ein vorzeitiger Rückzug der Amerikaner könnte eine Lawine auslösen. Ob Biden nach seinem Amtsantritt die US-Präsenz postwendend wieder erhöht, ist fraglich – schließlich ist der Einsatz auch in Amerika äußerst unpopulär.

Es geht jedoch nicht nur um Afghanistan. Glaubt man den US-Medien, dann hat Trump Ende der vergangenen Woche ernsthaft in Erwägung gezogen, eine iranische Atomanlage militärisch zu attackieren. Die New York Times meldete mit Verweis auf Regierungsbeamte, dass es seinen Beratern nur mit Mühe gelungen sei, ihn von derlei Plänen abzubringen. Eine Garantie für die kommenden Wochen ist das nicht unbedingt.

In den USA selber arbeitete Trump ebenfalls daran, von ihm getroffene Entscheidungen möglichst unumkehrbar zu machen. Er forciert einen gewaltigen Holzeinschlag und den Straßenbau in Alaska, fördert die Energiegewinnung durch Fracking. Initiativen mit globalen Auswirkungen auf das Klima.

Doch eines seiner wichtigsten Ziele wird Donald Trump nicht erreichen können: Die 2016 groß angekündigte Mauer gegen Migranten aus Mexiko bleibt unvollendet. Auf 600 Kilometer entstand bereits eine Barriere – meist handelt es sich um einen keineswegs unüberwindbaren Stahlzaun. Ursprünglich jedoch sollten über die Hälfte der rund 3200 Kilometer langen gemeinsamen Grenze meterhoch zugemauert werden. Joe Biden hat versichert, das Programm auf keinen Fall weiterführen zu wollen.

Dennoch wird auf Hochtouren gesprengt, gegraben und viel Geld investiert.
Von Simon Kaminski


Liebe Grüße
Peter
zuletzt bearbeitet 20.11.2020 16:28 | nach oben springen

#14

RE: Abgesang der Populisten :Das Vögelchen fliegt USA Twitter übergibt den offiziellen Account des Präsidenten

in Ausland und EU 24.11.2020 16:47
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

In „Star Wars“ ist es das Lichtschwert, das die Macht seiner Kämpfer symbolisiert. Der Laser-Säbel kommt optisch unscheinbar daher, und doch eröffnet er dem Duellanten erstaunliche Möglichkeiten. Er lässt sich werfen, kann Schüsse abwehren, die Klinge ist hochenergetisch.


Das Lichtschwert der modernen Politik ist Twitter. Wohl kaum eine Waffe wird von Politikern lieber eingesetzt als der Kurznachrichtendienst. Ohne Umwege über kritische Medien. Jederzeit verfügbar. Maximale Kontrolle. Als echter Meister dieses Fachs hat sich in den vergangenen Jahren US-Präsident Donald Trump inszeniert. Gerne in GROSSBUCHSTABEN, um die Bedeutung des Geschriebenen hervorzuheben. Gerne im Angriffsmodus auf alles, was sich ihm in den Weg stellt oder auch nur den Anschein erweckt, dies in Erwägung zu ziehen. Joe Biden mag die Wahl gewonnen haben, auf Twitter kann Trump tagtäglich Zweifel daran schüren. Nun gab der Kurznachrichtendienst bekannt, dass er den offiziellen Präsidenten-Account @POTUS am Tag der Amtseinführung an den gewählten Präsidenten Joe Biden übergeben wird – selbst dann, wenn Noch-Amtsinhaber Trump seine Wahlniederlage bis dahin nicht eingesteht. „Twitter bereitet sich aktiv darauf vor, die Übergabe der amtlichen Twitter-Accounts am 20. Januar 2021 zu unterstützen“, wurde der Sprecher des Onlinedienstes, Nick Pacilio, zitiert.

Doch zumindest das dürfte Trump gelassen sehen. 32,8 Millionen Menschen folgen dem @POTUS-Account – aber stolze 88,9 Millionen dem privaten Profil des Präsidenten @realDonaldTrump.

Von Margit Hufnagel


Liebe Grüße
Peter
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#15

RE: Abgesang der Populisten : Trump (ver-)geht nicht

in Ausland und EU 25.11.2020 16:40
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Niemals geht man so ganz.“ Diesen Liedtext hat die Kölnerin Trude Herr unsterblich gemacht. Man darf kaum davon ausgehen, dass Donald Trump ihn kennt, auch wenn er deutsche Vorfahren hat. Auf ihn passt er dennoch – denn selbst wenn Trump nun den zaghaften Auszug aus dem Weißen Haus einleitet, wird sein Einfluss keineswegs vergehen.


Gewiss, als Präsident hat er die größtmögliche Blamage erlitten. Nach nur einer Amtszeit wurde er am Ende doch deutlich vom Wähler davongejagt. Aber Trump hat in seinem Leben aus jedem Rückschlag einen Neuanfang gemacht – auch dadurch, dass er stets seine ganz eigene Realität geschaffen hat. So schaffte er es, dass Banken ihm noch Geld nachschossen, als schon klar war, dass er nicht einmal als Kasinobetreiber Geld zu verdienen wusste. So gelang es ihm, eine Präsidentschaftskandidatur anzufangen, als er als TV-Star im Quoten-Niedergang fast abdanken musste. Und so will er nun auch den „Trumpismus“ als eine Dauerbewegung verankern – fortgeführt entweder von ihm oder von Mitgliedern seiner Familie, assistiert durch ein altes und neues rechtes Medien-Netzwerk.

Die Chancen dafür stehen gar nicht so schlecht. Über 70 Millionen Stimmen hat Trump immerhin gewonnen, weswegen seine Republikaner die echte Abnabelung weiter scheuen. Der Demokrat Joe Biden ist ein Übergangspräsident, dessen Durchschlagskraft sich erst erweisen muss. Und Amerikas Spaltung ist ja mehr als real: In einer Umfrage eines Forschungsprojekts vor den Wahlen gaben 20 Prozent der Demokraten und 15 Prozent der Republikaner an, den USA ginge es besser, wenn viele Anhänger der anderen Partei „einfach sterben“. Das ist die Stimmung, die Trump nutzen will, damit er nicht (ver-)gehen muss.
Von GRegor Peter SChmitz


Liebe Grüße
Peter
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