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#1

Lässt die CSU Orbán fallen?

in Rest EU :-) 22.02.2019 11:15
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

München Der Streit über den Umgang mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán spitzt sich zu. Alexander Graf Lambsdorff, FDP-Fraktionsvize, fordert den Spitzenkandidaten der Union für die Europawahl, Manfred Weber, auf, Orbán politisch zu isolieren. Sonst werde seine Partei die Wahl Webers zum Kommissionspräsidenten nicht unterstützen. „Ich halte es für ausgeschlossen, dass ein Kommissionspräsident von Orbáns Gnaden eine Mehrheit finden wird“, sagt Lambsdorff. Tatsächlich zeichnet sich in der CSU ein Richtungswechsel ab. Ministerpräsident Markus Söder sagte der FAZ : „Der eingeschlagene Weg von Viktor Orbán geht leider in die falsche Richtung.“ Man müsse klarstellen, was geht – und was nicht. Lesen Sie mehr: Politik


Europa Schon wieder sorgt der ungarische Regierungschef Orbán für einen Eklat. Inzwischen rückt selbst die CSU von dem Provokateur ab – zumindest ein bisschen

Von Detlef Drewes, Stefan Lange, Gregor Peter Schmitz und Simon Kaminski

Brüssel/München Die Plakate zeigen Jean-Claude Juncker, den Präsidenten der Europäischen Kommission, und George Soros, den jüdischen Milliardär, der weltweit Hochschulen finanziert. Für die Bildmontage wurden Fotos gewählt, auf denen beide verzerrt lächeln. Unter dem Leitmotto „Auch Sie haben ein Recht zu erfahren, was Brüssel vorbereitet“, wird den beiden vorgeworfen, eine „verpflichtende Aufnahmequote für Flüchtlinge zu fordern, die Rechte der Mitgliedsländer zur Grenzverteidigung zu schwächen und die Einwanderung mit Migrantenvisa zu erleichtern.“ Seit einigen Tagen hängen die Plakate auf den Straßen Ungarns, finanziert aus den Mitteln der Regierungspartei Fidesz, die zur christdemokratisch orientierten Europäischen Volkspartei (EVP) gehört.

Hinter allem steckt Viktor Orbán, seit 2010 Regierungschef in dem einstigen Ostblockland. Die Kampagne, die in Brüssel offen als „Hetze“ und „Diffamierung“ bezeichnet wird, eskalierte in dieser Woche. Juncker warf dem Ministerpräsidenten in Budapest „Lügen“ vor und betonte: „Es gibt zwischen Herrn Orbán und mir keinerlei Schnittmengen.“ Damit nicht genug: Juncker sprach sich offen dafür aus, die Regierungspartei Fidesz aus den Reihen der EVP zu entfernen: „Mein Freund Manfred Weber muss sich die Frage stellen, ob er diese Stimmen überhaupt braucht.“

Tatsächlich wird die Auseinandersetzung immer mehr zur Gefahr für den Spitzenkandidaten der Christdemokraten, den CSU-Politiker Weber. Der hatte zwar zuletzt ebenfalls die immer tieferen Einschnitte der Regierung Orbán in die Pressefreiheit, die Unabhängigkeit der Justiz und die rechtsstaatlichen Garantien kritisiert, hielt aber an der Mitgliedschaft in der EVP fest. Der Süddeutschen Zeitung sagte er, Teile von Orbans Rede zur Lage der Nation und sowie die jüngste Anti-Migrations-Kampagne gegen Juncker hätten „in der EVP großes Unverständnis und Verärgerung“ ausgelöst. Er halte „manche Formulierungen für inakzeptabel“ und rechne damit, dass sich auch CDU und CSU damit befassen werden.

Der Druck auch aus den Unionsparteien auf ihren europäischen Frontmann wächst. Bisher galt es zwar als Konsens, Orbán lieber in den eigenen Reihen zu halten, als ihn in die Arme von rechten Populisten wie des italienischen Lega-Nord-Chefs Matteo Salvini oder der Französin Marine Le Pen zu treiben. Zu groß scheint den Christdemokraten das Risiko einer neuen Rechten im EU-Parlament.

Weber braucht nach den Europawahlen am 26. Mai eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, die wohl ohne Sozialdemokraten, Grüne und Liberale nicht zu schaffen ist. Aus allen drei Parteien hieß es inzwischen, man werde keinen „Kommissionspräsidenten von Orbáns Gnaden“ unterstützen. Weber muss sich positionieren – und tut sich schwer damit. Immerhin hatte seine CSU noch vor einem Jahre den Ungarn zur Klausurtagung eingeladen.

Aber nicht nur für Orbán und Weber geht es um viel. Auch in der CSU tobt ein Kampf darum, wie ernsthaft man sich als Europapartei wieder erfinden will. Die Führungsriege um Ministerpräsident Markus Söder und Generalsekretär Markus Blume sagt: Möglichst viel. Sie haben schon seit der Landtagswahl auf eine Art Kuschelkurs mit Brüssel umgestellt und auch die Möglichkeit erkannt, durch einen Parteifreund an der Spitze der EU-Kommission Bayern als (Macht)-Zentrum in Europa zu verankern. Ein Bayer für Europa, so ungefähr wird der Slogan zur Europawahl lauten. Das kommt dem Spitzenkandidaten entgegen, der nicht immer fest an Markus Söders Seite stand, aber mit diesem eine strategische Absprache getroffen hat.

Umgekehrt wissen die CSU-Oberen auch, dass viele in der Partei Orbán ziemlich gut finden. Einer von ihnen ist Hans-Peter Friedrich, Vizepräsident des Bundestags. „Die Forderung von Kommissionspräsident Juncker, die ungarische Fidesz-Partei aus der EVP auszuschließen, lehne ich nachdrücklich ab“, sagte Friedrich unserer Redaktion. „Nur zur Erinnerung: Die Vorgeschichte des Brexits begann, als die Torys von David Cameron die EVP-Parteienfamilie verlassen haben. Ich habe gehofft, wir hätten daraus gelernt.“

Anders sieht das CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie drohte Orbán am Donnerstagabend mit dem Parteiausschluss. Die CDU werde den regelmäßigen Dialog mit Fidesz nutzen, um ihre Haltung deutlich zu machen. „Sollte sich in diesem Rahmen allerdings kein gemeinsames Verständnis für die Ziele der EVP mehr herstellen lassen, würde das Format keinen Sinn machen und demzufolge beendet“, sagte sie mit Blick auf die regelmäßigen Gespräche mit Fidesz. „Es liegt an der ungarischen Seite, belastbar zu beweisen, dass sie sich der EVP noch zugehörig fühlt.“

Auch Weber könnte sich wohl mittlerweile einen Ausschluss ganz gut vorstellen. Das würde ihm Glaubwürdigkeit bei seinen Wählern verschaffen, die seine Parteifreundschaft mit Orbán kritisch sehen. Zudem sieht sein Umfeld eine Distanzierung als wesentlichen Schritt zur Befriedung Europas an. Schließlich wird es bei dieser Europawahl vor allem darum gehen, das Europaparlament nicht den populistischen Kräften zu überlassen.

Dazu rät auch der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter, ein profunder Kenner der CSU. „Ich war vor acht Tagen im Europaparlament. Die Zeichen stehen tatsächlich nun auch in der CSU auf Distanz zu Orbán“, sagt er. Und das sei auch notwendig. „Ich glaube, Weber hat eine neue Linie vorgegeben, die sich letztlich auch in seiner Partei durchsetzen wird“, sagt Oberreuter. CSU-Chef Markus Söder sehe dies inzwischen wohl ähnlich. „Vom Parteichef gab es zuletzt keine Orbán-Jubelarien.“ Warum aber war Orbán aber so populär in der CSU? „Es gab zwei Gründe dafür, dass die CSU Orbán Respekt entgegenbringt. Einmal seine unbestrittenen Verdienste bei der Überwindung des Kommunismus in Ungarn und dann seine Haltung in der Flüchtlingspolitik, als Orbán die Grenzen sichern ließ.“ Allerdings werde dabei übersehen, dass Ungarn durch sein Verhalten gegenüber Flüchtlingen am Bahnhof in Budapest den Strom von Flüchtlingen mit in Gang gebracht habe. Inzwischen hat sich Orbán zum schwierigen Freund gewandelt. „Unterdrückung ist aber immer falsch, egal von wem sie ausgeübt wird“, kritisiert Oberreuter.

Hat er diesmal den Bogen überspannt? Viktor Orbán könnte mit der CSU einen wichtigen Unterstützer verlieren. Foto: Wiktor Dabkowski, dpa

Friedrich will Orbán in der Parteifamilie halten


Liebe Grüße
Peter
zuletzt bearbeitet 23.02.2019 13:27 | nach oben springen

#2

RE: Lässt die CSU Orbán fallen? Warum Orbán sich (noch) sicher fühlen kann

in Rest EU :-) 23.02.2019 13:26
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Europa Die Konservativen murren. Doch ein Ausschluss aus der EVP ist gar nicht so einfach

Brüssel Der Krach geht weiter. Viktor Orbán, der wegen seiner Plakat-Kampagne gegen Kommissionschef Jean-Claude Juncker heftig attackiert wird, verteidigte die Aktion am Freitag. „Eine Kampagne wie diese entlarvt die Brüsseler Bürokraten“, sagte der Chef der rechts-nationalen Regierung in Ungarn.....

„ Mehrheit in Brüssel will die Einwanderung steigern, was bedeuten würde, dass Europa nicht mehr den Europäern gehört.“ Die immer lauter werdende Kritik der Parteifreunde aus Europa wies Orbán zurück. Inzwischen heißt es aus dem inneren Kreis der Europäischen Volkspartei (EVP), dem Dachverband der christdemokratischen Parteien in der EU, man wolle Anfang März bei einer Fraktionssitzung über die Aktion der Ungarn reden.


Mit diesen Plakaten hetzt Orbán gegen die Flüchtlingspolitik der EU. Foto: dpa

Dann könnte das Selbstbewusstsein des Regierungschefs, der mit seiner Fidesz-Partei ebenfalls zum EVP-Verbund gehört, schnell einen Knacks bekommen. Immerhin mehren sich die Stimmen aus anderen christdemokratischen Parteien in der EU, die die Kampagne kritisieren. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz bezeichnete am Freitag die Plakat-Aktion Orbáns gegen Juncker ebenfalls als „inakzeptabel“. Und auch aus weiteren Ländern hieß es, Orbán habe sich „ins Aus gestellt“. Manfred Weber, Spitzenkandidat der Christdemokraten für die Europawahl, setzte sich inzwischen von Orbán ab. „Manche Formulierungen halte ich für inakzeptabel“, sagte er. Man könne nicht wie Orbán „der EVP angehören und gegen den amtierenden EVP-Kommissionspräsidenten Wahlkampf machen, das geht nicht“. Der Ungar müsse „erkennen, dass er sich immer weiter von der EVP entfernt“.

Allerdings wäre der von vielen Seiten geforderte Rauswurf der Fidesz-Regierungspartei nicht einfach. Sieben christdemokratische Parteien aus fünf Ländern müssten einen Antrag auf Ausschluss aus der EVP stellen. Erst dann kann der Antrag im Kreis der knapp 50 Mitgliedsparteien zur Abstimmung gestellt werden – eine einfache Mehrheit genügt. Fazit: Weber kann sich zwar von dem umstrittenen ungarischen Ministerpräsidenten distanzieren, einen Ausschluss aus der EVP müssten andere veranlassen.

Die Schlüsselfigur dürfte Joseph Daul sein, der 71-jährige Franzose und EVP-Parteichef, der lange Jahre die christdemokratische Fraktion im Parlament geleitet hat. Ihm werden beste Beziehungen in die Mitgliedstaaten nachgesagt, aber eben auch eine Neigung, Konflikte möglichst lange hinter verschlossenen Türen zu halten. Zwar hatte sich Daul, der als Vertrauter Webers gilt, ebenfalls von Orbáns Kampagne distanziert. Doch dass er wenige Monate vor der Europawahl einen Bruch mit den Ungarn riskieren will, gilt als eher unwahrscheinlich. Die Angst davor, dass sich Viktor Orbán eine parlamentarische Rechte gegen die Christdemokraten bilden könnte, scheint viel zu g
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Liebe Grüße
Peter
zuletzt bearbeitet 23.02.2019 13:30 | nach oben springen



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