Hi,
das mit Natropn halte ich für ein Gerücht. Ich habe auch Probleme.
Die Sofortmaßnahmen
Auch wenn man sich alle Mühe gibt, dem Pilz das Leben im eigenen Tomatenbestand so schwer wie möglich zu machen, kann es natürlich vorkommen, dass es trotzdem zu Infektionen kommt. Besonders bei pilzfreundlicher Witterung mit anhaltenden Regenperioden oder hoher Luftfeuchtigkeit kann ein Befall fast nicht verhindert werden. Aber selbst dann hat man als Tomatenschutzpatron noch ein paar Karten in der Hand, die man immer noch spielen kann. Na ja, vielleicht sind es keine Asse mehr, aber immer noch Könige. Es geht darum, einen sprunghaften Anstieg der Krankheit im Bestand zu verhindern oder zumindest genug lang hinaus zu zögern. Denn je mehr reife Tomaten noch abgeerntet werden können, desto kleiner wird das Schadenspotenzial des Pilzes. Mit den folgenden Massnahmen kämpft man gegen den Pilz, wenn er schon da ist:
--> Entfernen von infiziertem Blattwerk. Solange die Symptome erst auf den Blättern erkennbar sind, sollten diese entfernt werden, um eine weitere Verbreitung im Bestand möglichst einzudämmen. Blätter ganz, das heisst an der Blattstängelbasis, an der Verzweigung von Hauptstängel und Blattstängel entfernen. Wird zu zögerlich entfernt, kann der Erreger über Schnittstellen in infiziertem Gewebe durch das Schneidwerkzeug auf eigentlich gesunde Pflanzenpartien übertragen werden. Infizierte Stellen möglichst rasch entfernen, sobald sich an der Unterseite der weissliche Pilzrasen ausgebildet hat, steigt das Risiko für Sekundärinfektionen massiv an.
Obwohl die Kraut- und Braunfäule wohl die schlimmste Tomatenkrankheit ist und schon bei manchem passionierten Tomatengärtner für ordentlich Frust oder sogar Groll gesorgt hat, sind entfernte befallene Blätter (entgegen landläufiger Meinung) kein Sondermüll. Der Pilz kann sehr wohl Dauersporen ausbilden, die überwinterungsfähig sind; für ein funktionierendes Kompostierungssystem sind die Dauersporen aber in der Regel aber kein Problem. Die durch die Abbauprozesse von organischem Material freigesetzte Wärme macht die Dauersporen unschädlich. Auch in der Grünabfuhr kann befallene Blattmasse mit gutem Gewissen entsorgt werden.
Evakuieren der Tomatenernte. Die Ultima Ratio. Sobald Krankheitssymptome auch auf dem Stängel oder sogar schon auf einzelnen Früchten auftreten, ist der Pflanze nicht mehr zu helfen. Jetzt sollte kompromisslos gehandelt werden, einerseits gibt es vielleicht im eigenen Bestand noch gesunde Pflanzen, andererseits sind komplett abgestorbene, braune, nur noch Pilzsporen produzierende Tomatenstauden in der ebenfalls gärtnernden Nachbarschaft nicht besonders beliebt. Die Pflanze wird als Ganzes weggeräumt. Eine letzte kleine Genugtuung bleibt: Noch nicht befallene Früchte können unreif geerntet werden und werden somit doch nicht Beute des letztendlich obsiegenden Pilzes. Tomaten gehören zu den klimakterischen Früchten, das bedeutet, der Reifeprozess kann über Phytohormone auch nach der Ernte weiter voranschreiten. Das gasförmige Phytohormon Ethylen ist für den Reifeprozess verantwortlich, es wird zu einem gewissen Teil in der Frucht selber produziert. Da aber auch externe Ethylenquellen den Reifeprozess vorantreiben, empfiehlt es sich, die unreifen Tomaten mit einem reifen Apfel zu lagern. Äpfel sind ebenfalls klimakterisch und die Etylenbildung eines reifen Apfels kann der Ausreifung der evakuierten Tomaten den entscheidenden Schwung verleihen. Ethylen ist übrigens auch das Gas, das die Bananen plötzlich gelb macht, wenn sie nach langer Schiffsreise aber immer noch grün am Rheinhafen in Basel ankommen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Fungizide gegen Braunfäule?
Wer jetzt in der ganzen Auflistung von präventiven und akuten Massnahmen die Fungizide vermisst, die irgendwo im einleitenden Abschnitt (Kupferbrühe) mal angeschnitten wurden, dem sei gesagt: Fungizide können im privaten Gartenbau nicht ernsthaft als fix einplanbare Massnahme empfohlen werden. Einerseits, weil der oben aufgelistete Massnahmenkatalog bereits über Gärtnergenerationen grossmehrheitlich und zuverlässig beglückende Tomatenerfolgserlebnisse und zufriedenstellende Erträge ermöglicht hat. Andererseits weil auch die heutigen Fungizide nach wie vor auf Kupfer basieren. Kupfer ist ein Schwermetall und als solches in der Umwelt nicht abbaubar, es reichert sich an und wirkt ab einer gewissen Konzentration toxisch auf Bodenlebewesen und Pflanzen. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Fungiziddosierung und -applikation auch gestandene Fachleute, die von Berufes wegen damit zu tun haben, regelmässig vor grosse Herausforderungen stellt, sollten Hobbygärtner davon die Finger lassen. Wer das nicht wahrhaben will, soll sich entsprechende Untersuchungen über die Schwermetallkonzentrationen in Schrebergärten zu Gemüte führen, die Zahlen sprechen für sich.
In diesem Sinne eine erfolgreiche Tomatensaison.