Heute erzähle ich eine Geschichte:
Einmal kam ein junger Mann in ein Pfarramt. Vor 25 Jahren habe seine Mutter in einer Notlage Unterstützung vom damaligen Pfarrer unserer Gemeinde erhalten, erzählte er. Er sei ein kleines Kind gewesen – aber das habe er nicht vergessen. Und so möchte er heute seinerseits Menschen unterstützen, die Hilfe bräuchten. Dann drückte er dem Pfarrer einen Geldschein in die Hand.
Diese überraschende Spende – seine Mutter und er waren keine Mitglieder unserer Kirche – hat tief berührt: Erfahrene Barmherzigkeit bewegt Menschen. Nicht immer. Nicht immer sofort. Nicht immer sichtbar für den, der barmherzig gewesen ist. Aber immer wieder. Erfahrene Barmherzigkeit bewegt uns, ebenfalls barmherziger zu sein, barmherzig zu handeln. Nicht, um etwas wiedergutzumachen oder sich für erfahrene Unterstützung erkenntlich zu zeigen. Das braucht es nicht. Das ist auch nicht das Ziel von Barmherzigkeit. Barmherzigkeit kommt von Herzen und zielt auf die Not, die so zu Herzen geht. Sondern weil erlebte Barmherzigkeit einfach gut tut. Weil wir Menschen letztlich davon leben, dass andere ein Herz für uns haben.
Mir kommt das Bibelwort für 2021, die Jahreslosung in den Sinn: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6, Vers 36)
Jesus sagt: Gott ist barmherzig. Er hat ein Herz für uns – auch für Dich und mich. Wir liegen ihm am Herzen: Mit unseren täglichen Aufgaben und Herausforderungen. Den Beziehungen, in denen wir leben. Den Grenzen, die uns unser Körper, unsere Gesundheit setzen. Unseren Sehnsüchten und Hoffnungen. Mit unserer Freude, unserem Glück.
Gott ist barmherzig. Diese Beschreibung seines himmlischen Vaters findet sich im zweiten Teil von Jesu Satz – nach der Aufforderung: Seid barmherzig. Durch das „wie“ läuft sie ihr aber voraus. Und verwandelt sie in eine Ermutigung: Lass dich von erfahrener Barmherzigkeit bewegen! Und gib sie weiter. Denn Barmherzigkeit bewegt – wie den jungen Mann in der wahren Geschichte.