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Not sehen – nicht vorbeigehen – handeln

in Die evangelische und katholische Welt auch in Ungarn 13.07.2019 19:00
von Peterbacsi • Admin | 3.590 Beiträge

Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter begegnet uns an diesem Sonntag im Evangelium.

Jesus verwendet diese uns sehr vertraute Geschichte als Antwort auf die Frage: „Wer ist mein Nächster?“ Für einen Juden war der Nächste immer ein Stammesgenosse.

Die Geschichte nimmt einen ungewöhnlichen Verlauf. Ein Mann (welche Nation er hat, wissen wir nicht) ist unterwegs von Jerusalem nach Jericho. Dabei muss er knapp 1000 Höhenmeter hinabsteigen. Dieses Teilstück einer damals oft bereisten Handelsroute war sehr gefährlich. So gerät er unter die Räuber. Er wird bestohlen, niedergeschlagen und schließlich halb tot liegengelassen. Von drei Männern wird berichtet, die an dem Schwerverletzten vorbeigehen. Der erste, ein Priester, ein frommer Mann, von dem man eigentlich erwarten würde, er sollte rein von seiner Gesinnung schon helfen, geht einfach weiter. Der nächste der den Mann sieht, ist ein Levit, ein Tempeldiener und Gehilfe von einem Priester. Er geht ebenfalls vorbei. Beide durften laut der Vorschrift der Tora keine Toten berühren. Wenn sie es trotzdem getan hätten, hätten sie im Tempel keinen kultischen Dienst mehr verrichten können, da sie unrein geworden wären. Aber ist das wirklich ein Grund für ihr Verhalten?

Als drittes kommt nun ein Samariter vorbei. Zwischen den Juden und den Samaritern bestand eine große Feindschaft und Abneigung. Die Samariter hatten ihren eigenen Tempel. Sie gingen nicht zur Verehrung Gottes nach Jerusalem. Sie waren heidnischer Abstammung. Niemals würde sich ein Jude von einem Samariter helfen lassen. Aber was macht der Samariter. Er sieht die Not des misshandelten und halbtoten Mannes und geht nicht an ihm vorbei. Er handelt barmherzig an ihm. Er verbindet seine Wunden, bringt ihn in eine Herberge, wo er weiter versorgt und gepflegt wird. Er sorgt somit sogar für die Zeit, wo er nicht mehr direkt helfen kann. Gerade der, von dem man es am wenigsten erwartet hat, hat dem Armen geholfen. Auch in unserer Gesellschaft hören wir oft von Menschen, die Zivilcourage bewiesen haben, wo andere sich nur abwendeten. Ich erinnere mich an den tragischen Vorfall, wo ein Mann einen Herzinfarkt in einer Bankfiliale hatte und einige Menschen gar nicht reagiert haben und sogar über ihn stiegen, bis dann endlich einmal einer half.

Immer wieder hört man von Gaffern, die Rettungskräfte behindern, nur damit sie mit ihrem Smartphone „tolle Bilder“ machen können. Das ist für mich eine unfassbare Situation.

Jesus möchte durch diese Erzählung unsere Wahrnehmung schärfen. Wir sollen nicht am Leid anderer Menschen vorbeigehen. Bedingungslose Nächstenliebe ist gefragt. Jeder Mensch, der leidet, kann unser Nächster sein. In unserem Nächsten können wir Christus begegnen. Dies erlebe ich in ganz persönlich spürbar in meiner Funktion als Klinikseelsorger. Das Besuchen der Kranken ist ein Werk der Barmherzigkeit (vgl. Mt. 25,36b) Die Frage, wer ist mein Nächster, kann ich für mich hier ganz klar beantworten. Es ist der kranke, notleidende Mensch.

Ich wünsche uns, dass wir mit offenen Augen durch die Welt gehen, Not sehen, unsere Augen nicht abwenden, sondern aktiv werden und unserem Nächsten tatkräftig helfen.


Liebe Grüße
Peter
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