Brüder und Schwestern
Charles Spurgeon war einer der bekanntesten Prediger des 19. Jahrhunderts.
Tausende kamen jeden Sonntag zu seinen Predigten in das Londoner Tabernakel mit seinen 5000 Sitzplätzen. Als er als Jugendlicher zum ersten Mal am Abendmahl teilnahm, empfand er die steife Feierlichkeit als seltsam. Kurzerhand sprach er den neben ihm sitzenden älteren Herrn an. Der entgegnete kühl: „Ich habe nicht die Ehre, Sie zu kennen.“ Spurgeon erwiderte: „Sie kennen mich nicht? Ich bin doch einer von Ihren Brüdern. Als ich soeben Brot und Wein nahm, dachte ich daran, dass wir ja eins sind in Christus – Sie nicht?“ Der Mann war verblüfft von dem fröhlich gelebten Glauben des jungen „Bruders“, und sie wurden lebenslange Freunde.
Ich liebe Abendmahlfeiern, weil ich da auch gerade das empfinde: Wir gehören alle zusammen, die Jungen und die Älteren, die Armen und die Reichen, die mit viel Zweifeln und die mit wenig Zweifeln, die Friedlichen und die mit Wut im Bauch. Wir Christen und Christinnen sind eins, nicht weil wir uns immer besonders gut verstehen, sondern weil Jesus Christus uns zu Geschwistern macht. Er bringt Leute zusammen, die sich sonst fremd wären und bringt das zustande, was kein Mensch schafft: Das Gefühl der Einheit über alle Unterschiede hinweg.
Wenn wir vorne am Altar stehen, ganz unterschiedliche Menschen, haben wir alle teil am Leib und Blut von Jesus Christus. Wir alle kommen als Bettler und Bedürftige, wie es Luther ausgedrückt hat. Wir brauchen von Gott Zuwendung und Vergebung. Wir alle werden gestärkt, bekommen Lebensmut, Vergebung, Kraft und Liebe.
Ich freue mich auf die Abendmahlsfeiern, die sich in der Passions- und Osterzeit und bei den Konfirmationen häufen, weil ich da meine Brüder und Schwestern - nämlich Sie – treffen werde und da die Einheit erfahre. Und dann wollen wir uns ansprechen und als Schwestern und Brüder erkennen. Wir wollen uns freuen, dass wir zur Familie Gottes dazugehören - über alle Konfessionsgrenzen hinweg. „Schmeckt und seht, wie freundlich der HERR ist. Wohl dem, der auf ihn vertraut!“ (Psalm 34,9)